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Reaktionen in Slowenien auf Ortstafelstreit

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Berichte Slowenien
In Kärnten ist der langjährige Streit um zweisprachige Ortstafeln um eine weitere Facette, genauer gesagt um eine SMS reicher. Ihr Inhalt lautet: Mit dem Öffnen dieser SMS haben sie soeben einen Kärntner Slowenen getötet. Senden Sie diese SMS weiter und nehmen sie an der Aktion für ein sauberes Kärnten teil.“ Während in Kärnten die Polizei ermittelt hat natürlich auch diese Botschaft Eingang in die Medien in Slowenien gefunden, die stets ausführlich über die Lage der slowenischen Minderheit in Kärnten berichten. Berichtet wird dabei auch über die Klagen der Kärntner Slowenen-Vertreter, die auch in Ljubljana der slowenischen Regierung mangelnde Unterstützung vorgeworfen haben. In Ljubljana ist unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz diesem Vorwurf und auch den Gründen für das schwierige Verhältnis zwischen Kärnten und Slowenien nachgegangen. Hier sein Bericht:

Ende Jänner hielten Vertreter der Kärntner Slowenen in Ljubljana eine Pressekonferenz ab, über die ausführlich berichtet wurde. In der Tageszeitung Dnevnik lautete die Überschrift: „Vertreter des Volksrates der Kärntner Slowenen kritisieren das lauwarme Verhalten der slowenischen Regierung“. Tatsächlich hat sich der konservative Ministerpräsident Janes Janza bisher auffallend zurückgehalten. So erklärte Jansa Mitte Jänner, eine Internationalisierung der Ortstafelfrage sei nicht der richtige Weg, um eine Lösung zu beschleunigen. Die Dinge bewegten sich in die richtige Richtung, und die Lage der Minderheit habe sich in den vergangenen Jahren verbessert. Interviews dazu lehnten Jansa und Außenminister Dimitri Rupel ab, nicht aber die Opposition. So kritisiert der Vorsitzende der Liberaldemokraten, Jelko Kacin:

„Der Abgeordnete Buksic, der frühere Staatssekretär für die Auslandsslowenen, hat gesagt, dass Österreich kein Rechtsstaat ist. Das gilt auch für Slowenien, das kein Rechtsstaat ist. Denn Slowenien hat das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes über die so genannten Ausgelöschten nicht umgesetzt; daher ist unsere Regierung gegenüber der österreichischen Regierung ruhig und unterwürfig, weil sie befürchtet, dass eine Debatte über die zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten auf unserer Seite eine Debatte über die Ausgelöschten auslösen könnte.“

Die so genannten 18.000 Ausgelöschten sind Bürger, die bei der Abspaltung Sloweniens von Jugoslawien versäumten, um die Staatsbürgerschaft anzusuchen. 1992 wurde ihnen ohne Rechtsgrundlage und ohne Information die Aufenthaltsgenehmigung entzogen; sie verloren auch ihre Sozial- und Pensionsversicherung und ihr Recht zu arbeiten. Trotz der Erkenntnisse des slowenischen Verfassungsgerichtshofes aus den Jahren 1999 und 2003 ist das Problem bisher nicht gelöst. Diese Säumigkeit ist auch Österreich bekannt, wie der Journalist Igor Mekina erzählt:

„Als ich in Ljubljana ein Interview mit dem österreichischen Botschafter Valentin Inzko gemacht habe, der auch Kärntner Slowene ist, hat er sofort daran erinnert, dass es auch in Slowenien mehrere Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes gibt, die nicht erfüllt worden sind. Wenn wir also sagen, Österreich ist kein Rechtsstaat, weil es das Erkenntnis nicht umsetzt, kommt sofort das Argument, dass es Slowenien nicht anders macht. Natürlich muss jeder Rechtssaat die Erkenntnisse umsetzen, doch in diesem Fall ist das wirklich unangenehm, und daher kann die Regierung nicht zu direkt einen Konflikt mit Österreich riskieren.“

Darüber hinaus nennt Mekina, noch zwei Gründe für die Zurückhaltung:

„Erstens will Slowenien Österreich nicht verärgern, weil es einige offene Fragen mit Österreich gibt. So drängt Österreich auf Rückgabe des Vermögens an jene Personen, die es nach dem Zweiten Weltkrieg verloren haben; doch bereits zwei Jahre hat sich hier nichts bewegt. Etwa 70 Prozent dieser Ansprüche sind erfüllt; beim Rest wird noch untersucht. Österreich könnte hier zurückschlagen, sollte Slowenien die Frage der Minderheiten internationalisieren. Zweitens will Slowenien will nicht noch eine diplomatische Front eröffnen, nachdem es bereits offene Probleme mit Kroatien gibt. Das betrifft die Grenze, das Atomkraftwerk Krsko und andere Fragen.“

Dazu gehört die Lage der Kroaten, aber auch der Serben und Bosnjaken in Slowenien. Diese drei Gruppen zählen insgesamt mehr als 100.000 Personen, haben aber ebenso wie die kleine deutsche Minderheit im Gegensatz zu Ungarn und Italienern keine Minderheitenrechte. Während das Problem von Kroaten, Serben und Bosnjaken erst mit dem Zerfall Jugoslawiens vor 15 Jahren entstand, reicht der Konflikt mit Österreich bis zum Ersten Weltkrieg zurück. Dazu sagt der Historiker Joze Dezman:

„Das konkrete Problem zwischen Kärnten und Slowenien ist derart belastet mit anderen Fragen, die mit der Volksabstimmung und mit der Grenzziehung beginnen. Dann folgt die nationalsozialistische Aggression in Slowenien, die zu einem guten Teil von Kärntnern und Österreichern getragen wird; dann hat der aggressive Versuch der Partisanen im Jahre 1945 auch das Seine dazu beigetragen, wobei als zusätzliches Problem noch die deutsche Minderheit hinzu kommt, deren ethnische Säuberung in Slowenien noch immer eine Tatsache ist, die die Beziehungen zusätzlich belastet.“

Trotzdem ist Dezman optimistisch. Die Aufarbeitung der Geschichte durch Historiker beider Länder mache Fortschritte; zwar fehle es offensichtlich noch an Versöhnung, die jedoch die EU und der Wegfall der Grenzen beschleunigen werde.

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