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Slowenien ein Jahr in der EU

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Berichte Slowenien


Am ersten Mai des Vorjahres ist Slowenien der EU beigetreten. Beim Referendum im März 2003 stimmten 90 Prozent für den Beitritt, wobei jedoch nur 60 Prozent der Stimmberechtigten am Referendum teilnahmen. Zwei Jahre nach der Abstimmung und ein Jahr nach dem Beitritt ist eine klare Mehrheit der Slowenen mit der EU zufrieden. Bei Umfragen sagen 60 Prozent, dass Slowenien von der EU-Mitgliedschaft profitiert habe und auch die Zufriedenheit mit der persönlichen Lage und der Wirtschaftslage des Staates hat zugenommen. Unser Korrespondent Christian Wehrschütz war jüngst in Slowenien und hat folgenden Beitrag über die EU-Bilanz Sloweniens gestaltet:

Die Firma Trimo im Süden Sloweniens errichtet auf der Basis von Metallkonstruktionen Einkaufszentren, Sportstätten oder etwa den Kontrollturm für die Hafenanlage in Constanca in Rumänien. Mit insgesamt 900 Mitarbeitern ist Trimo in mehr als 40 Ländern aktiv. Der Exportanteil liegt bei 70 Prozent, wobei fast die Hälfte aller Exporte in die EU erfolgt. Vom Beitritt Sloweniens zur Europäischen Union hat das Unternehmen profitiert, weil Lieferungen nun ohne Verzögerungen an der Grenze stattfinden können. Das ist für Trimo auch deshalb wichtig, weil die fast die Hälfte aller Rohstoffe aus der EU importiert wird. Doch die meisten EU-Staaten haben ihren Arbeitsmarkt für Slowenen nicht geöffnet. Das ist für Trimo ein Problem, erläutert die Direktorin des Unternehmens Tatjana Fink:

„Wir brauchen für die Montage eine Arbeitsgenehmigung in den meisten Staaten der EU. Das ist vor allem ein Zeitproblem, weil man auf diese Arbeitsgenehmigung warten und dafür bezahlen muss. Tatsache ist, dass unsere Montagearbeiten relativ kurz sind, doch für uns ist sehr wichtig, dass für diese Tätigkeiten bestimmte Fachkräfte nötig sind, die man dann auf dem ausländischen Arbeitsmarkt finden und ausbilden muss. Manchmal ist es schwierig, auf dem lokalen Markt genügend Leute zu finden, die die Montage vor Ort gewährleisten können.“

Trotzdem bewertet Tatjana Fink wie die meisten Slowenen den EU-Beitritt positiv. Ausbauen will das Unternehmen nun auch seine Aktivitäten in den anderen neuen Mitgliedsstaaten. Zwei Drittel seiner Waren exportiert Slowenien bereits in die EU und der Warenaustausch hat im Vorjahr weiter zugenommen. Gegenüber 2003 stiegen die Ausfuhren in die EU in den ersten neun Monaten des Jahres 2004 um mehr als acht Prozent, die Importe aus der EU stiegen sogar um mehr als 15 Prozent. Doch es gibt auch andere positive Folgen des Beitritts, die der slowenische Wirtschaftsexperte Janez Sustarsic so beschreibt:

„Ein Erfolg ist die Senkung der Inflation, die sehr schnell erfolgt. Wir sind daher sehr gut unterwegs, was die Einführung des Euro im Jahre 2007 betrifft, und zwar ohne größere wirtschaftliche Erschütterungen. Der zweite Erfolg liegt darin, dass es trotz des EU-Beitritts zu keinen größeren Problemen gekommen ist. Was die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft betrifft, fürchteten sich einige vor größeren Entlassungen und dazu kam es in Wirklichkeit nicht.“

So sank die Arbeitslosenrate von Dezember 2003 bis Dezember 2004 von 6,2 auf 5,8 Prozent und die Inflationsrate liegt derzeit bei 3,3 Prozent. Im kommenden Jahr soll dieser Wert auf 2,5 Prozent verringert werden, damit auch dieses Kriterium für die Einführung des Euro erfüllt wird. Doch Slowenien ist auch bemüht, seine Marktstellung im ehemaligen Jugoslawien weiter stärken. So ist Kroatien der drittgrößte Abnehmer slowenischer Waren überhaupt. 60 Prozent aller slowenischen Auslandsinvestitionen entfallen auf das ehemalige Jugoslawien, obwohl die günstigeren Handelsverträge mit dem EU-Beitritt weggefallen sind. Verstärkt hat der EU-Beitritt den Rationalisierungsdruck insgesamt, wobei vor allem Textil- und Lebensmittelindustrie betroffen sind. Beide haben ihre geschützte Stellung verloren, und davon Wegfall profitiert auch Österreich. Dazu sagt der österreichische Handelsattachee in Slowenien, Georg Krauchenberg:

„Wir haben 50 Prozent Steigerung bei Lebendvieh, wir haben 60 Prozent Steigerung bei Molkereierzeugnissen, 50 Prozent bei Getreideerzeugnissen, usw., Fleischprodukte, alles das ist angestiegen. Das ist natürlich ein Motor. Auf der anderen Seite haben die slowenischen Unternehmen den großen Vorteil, dass sie jetzt eben just in time, direkt ohne Verzögerungen an der Grenze verlässlich zuliefern können. Es interessieren sich zunehmend auch österreichische Unternehmen gewisse Produkte hier bearbeiten oder vorarbeiten zu lassen.“

So stiegen die österreichischen Exporte im Jahre 2004 um 26 Prozent auf fast zwei Milliarden Euro. Die Importe aus Slowenien legten sogar um 32 Prozent zu und erreichten mehr als eine Milliarde Euro. Slowenien ist damit mit seinen zwei Millionen Einwohnern bereits der zehnt-wichtigste Handelspartner Österreichs geworden.

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