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Slowenisch-Österreichische Historiker-Kommission gescheitert

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In Laibach ist Mitte November ein Sammelband slowenischer Historiker erschienen, der die Beziehungen mit Österreich im 20. Jahrhundert beleuchtet. Die Beiträge sind auf slowenisch und deutsch abgedruckt, wobei das Werk mehr als 800 Seiten umfasst. Ursprüngliche hätte dieser Sammelband gemeinsam von Historikern aus Slowenien und Österreich herausgegeben werden sollen. Doch die bilaterale Historiker-Kommission scheiterte bereits, ehe es überhaupt zur inhaltlichen Auseinandersetzung kommen konnte. Warum es dazu kam, darüber berichtet unser Korrespondent Christian Wehrschütz:

Der Sammelband der 20 slowenischen Historiker gliedert sich in 16 Aufsätze. Darin werden aus slowenischer Sicht die Beziehungen mit Österreich von der Habsburger Monarchie bis zur jüngsten Vergangenheit dargestellt. Beleuchtet werden nicht nur politische Themen, sondern auch die Stellung der katholischen Kirche sowie die kulturelle und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Politisch am brisantesten dürften derzeit jedoch nicht die historischen Darstellungen, sondern das Vorwort des Buches sein. Darin legen die Herausgeber aus ihrer Sicht die Gründe für das Scheitern der bilateralen Historiker-Kommission dar. Sie wurde im Frühjahr 2001 gebildet, wobei auch die Außenministerien beider Länder beteiligt waren. Vorgeworfen wird den Österreichern, sie hätten versucht, durch politischen Druck die Zusammensetzung der slowenischen Seite und die Arbeit der Kommission zu beeinflussen, und seien bei der Abgabe ihrer Texte säumig gewesen. Der Vorsitzende der Österreicher, Stefan Karner, habe auf die Veröffentlichung von Zwischenergebnissen gedrängt. Das soll vor allem der slowenische Vorsitzende Dusan Necak abgelehnt haben. Karner bestätigt, dass er für eine öffentliche Arbeit der Kommission eingetreten sei, weist aber alle anderen Vorwürfe zurück. Insgesamt bleibt der Eindruck, dass die Chemie zwischen einzelnen Personen nicht gestimmt hat, und daher prozedurale Fragen derart an Bedeutung gewannen, dass es zu einer inhaltlichen Debatte gar nicht wirklich kam. Meinungsunterschiede gab es aber auch innerhalb der slowenischen Kommission, die dazu beitrugen, dass Dusan Necak im Frühjahr 2003 als Vorsitzender zurücktrat. Dass unterschwellig politische Fragen eine Rolle spielten zeigt sich daran, dass in dem vom slowenischen Außenministerium herausgegebenen Band auch der österreichische Botschafter in Laibach kritisiert wird. Ihm werden wörtlich häufige Polemiken vorgeworfen, weil er sich für die Rechte vertriebener deutscher Altösterreicher eingesetzt hat. Ungeachtet dessen werden nun die Österreicher ihre Arbeiten ebenfalls veröffentlichen. Anschließend ist ein Treffen mit slowenischen Historikern geplant, das hoffentlich konstruktiver verlaufen wird als die Treffen der gescheiterten bilateralen Kommission.

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