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Referendum über "Ausgelöschte" in Slowenien

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Berichte Slowenien
In Slowenien hat gestern eine umstrittene Volksabstimmung stattgefunden. Abge-stimmt wurde über ein sogenanntes technisches Gesetz, mit dem mehrere Tausend Bürger aus dem ehemaligen Jugoslawien rückwirkend ihre Aufenthaltsgenehmigung zurückerhalten sollten, die ihnen 1992 rechtswidrig entzogen worden war. Doch die überwältigende Mehrheit der Teilnehmer an diesem Referendum lehnten das Gesetz ab, das damit gefallen ist. Über die Volksabstimmung in Slowenien und ihre Folgen berichtet aus Laibach unser Korrespondent Christian Wehrschütz

Mehr als 94 Prozent der Slowenen, die am Referendum teilnahmen, stimmten gegen das technische Gesetz. Das hängt auch damit zusammen, dass führende Regierungs-parteien die Abstimmung boykotierten und die konservative und nationalistische Opposition zur Ablehnung des Gesetzes aufgerufen hatten. 31 Prozent der 1,6 Millionen Stimmberechtigten nahmen am Referendum teil, das ist ein durchschnitt-licher Wert bei Volksabstimmungen in Slowenien. Das Ergebnis ist jedenfalls bindend, und ein Jahr darf das Parlament nun kein Gesetz mit demselben Inhalt verabschieden. Das technische Gesetz sah vor, 4000 Bürgern, deren Wurzeln in das ehemalige Jugoslawien zurück reichten, rückwirkend die Aufenthaltsgenehmigung in Slowenien zu erteilen. Die Aufenthaltsgenehmigung und damit alle sozialen Rechte hatten 1992 knapp 18.000 Personen rechtswidrig verloren, weil sie versäumten, die slowenische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Zu diesen sogenannten Ausgelöschten zählen auch Bürger, die seit Jahrzehnten in Slowenien lebten oder dort geboren wurden. Zwei Drittel dieser Personen haben ihren Status bereits regeln können. Doch sie bekamen die Aufenthaltsgenehmigung nicht rückwirkend zurück. Das verlangte der Verfassungsgerichtshof, doch die Regierung setzte sein Erkenntnis im technischen Gesetz nur teilweise um. Dagegen erzwang die Opposition das Referendum. Sie argumentierte auch mit enormen Schadensersatzansprüche der Betroffenen, wäre das Gesetz in Kraft getreten. Doch trotz des Referendums bleibt das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes gültig. Daher sagt der Vertreter der Ausgelöschten, der ehemalige Verfassungsrichter Mateuz Kriviz, zu den Folgen des Referendums:

„Das technische Gesetz hat vorgesehen, dass nur 4.000 Ausgelöschte diese Aufenthaltsgenehmigung rückwirkend bekommen, obwohl die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes das für 12.000 Ausgelöschte verlangt hat. Jetzt ist das Gesetz gefallen, und die Regierung ist jetzt gezwungen, die Entscheidung des Verfassungsgerichtes zu erfüllen. Ob sie es wirklich tun wird und wie schnell, das bleibt leider noch eine Frage.“

Zweitausend rückwirkende Bescheide hat das Innenministerium bereits ausgestellt. Wie viele noch folgen werden ist offen. Die Opposition hat auch diese Vorgangsweise massiv kritisiert. Sie will von der inkonsequenten Politik der Regierung profitieren, die das Problem der Ausgelöschten einst selbst verursacht hat. Im Herbst wird ein neues Parlament gewählt, und die Opposition hofft auf zusätzliche Stimmen. Denn gegen die Ausgelöschten bestehen beträchtliche Vorurteile in Slowenien, und diese hat die Opposition ohne große moralische Bedenken noch verstärkt und gegen die Regierung zu nützen versucht. Das Problem der Ausgelöschten wird Slowenien jedenfalls noch über die Wahlen hinaus beschäftigen.

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