× Logo Mobil

Lage der Minderheiten in Slowenien

Fernsehen
Heimat, Fremde Heimat
Berichte Slowenien
In Slowenien ist seit Ende November die neue Regierung unter Ministerpräsident Janez Jansa im Amt. Jansa hat in seinem Regierungsprogramm auch zugesagt, die Lage der Minderheiten zu verbessern. Das gilt nicht nur für Ungarn und Italiener, deren beide Abgeordnete die Regierung unterstützen und die mit Jansa ein besonderes Koalitionsabkommen geschlossen haben. Denn Italiener und Ungarn sind als autochtone Minderheit anerkannt und haben eine klar definierte Rechtsstellung in Slowenien Verbessern will die neue Regierung aber auch der Status, der Kroaten, Serben, Bosnjaken und anderer Minderheiten, denen der privilegierte Status fehlt, den Italiener und Ungarn in Slowenien genießen.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Slowenien

Kamera: Ivan Klaric

Ton: Hans Kelih

Insert1: 0’30: Tibor Füle, Direktor des Gymnasiums von Lendava (0’32)

Insert2: 1’38: Marija Pozsonec, Ungarische Parlamentsabgeordnete (0’44)

Insert3: 3’10: Mauricio Tremul, Union der Italiener in Slowenien und Kroatien (0’25)

Insert4: 3’58: Mauricio Tremul, Union der Italiener in Slowenien und Kroatien (0’29)

Insert5: 5’52: Doris Debenjak, Gottscheer Altsiedler Verein

Gesamtlänge: 6,30

Die 11.000 Einwohner zählende Stadt Lendava im Grenzgebiet zu Ungarn ist das Zentrum der ungarischen Minderheit in Slowenien. Fast 4.000 der 6.200 Ungarn leben hier. Aufschriften und Ortstafeln sind zweisprachig. Die Ungarn haben eigene Grundschulen und auch im gemischten Gymnasium von Lendava wird Ungarisch gelehrt. In den meisten Fächern werden die mehr als 300 Schüler hier zweisprachig unterrichtet:

„Der größere Teil der Stunde wird in Slowenisch gehalten und etwa 30 Prozent entfällt auf Ungarisch, wobei die Schüler die grundlegende Terminologie in dieser Sprache lernen. Dagegen werden die Gegenstände ungarische Geschichte und Kunst sowie Geographie auf ungarisch unterrichtet.“

Die Schüler beschreiben das Zusammenleben zwischen Slowenen und Ungarn als problemlos, deren Sprache auch im lokalen Radio- und TV-Sender verwendet wird. Vier Mal pro Woche strahlt der staatliche Sender ein 30ig Minuten dauerndes Fernsehprogramm auf ungarisch aus, während das Radio praktisch ganztägig in dieser Sprache sendet. Trotzdem hat sich im Jahre 2002 gegenüber der Volkszählung 1991 fast ein Viertel weniger als Ungarn deklariert. Weit weniger stark rückläufig ist das Bekenntnis zu Ungarisch als Muttersprache, obwohl auch diese Zahl gesunken ist:

„Ich sehe den Grund dafür nicht in der Politik, sondern in der Wirtschaft. Die Region des Übermurgebiets ist weiter zurückgeblieben als andere Teile Sloweniens. Es gibt nicht genügend Arbeitsplätze und daher zieht die Jugend weg. Doch dann werden Familien nicht mehr in einer zweisprachigen Umgebung gegründet, sondern in den wirtschaftlich besser entwickelten Gebieten Sloweniens. Dort werden dann die Kinder geboren, die nicht mehr Ungarisch sprechen, denn nach Hause kommt man nur mehr auf Besuch.“

Marija Pozsonec ist die ungarische Vertreterin im slowenischen Parlament. Ebenso wie die Italiener haben die Ungarn im Parlament ein fixes Mandat. Pozsonec hofft, dass sich der EU-Beitritt Sloweniens auch positiv auf das Übermurgebiet auswirken wird, denn schließlich gebe es in Slowenien keine erzwungene Assimilation.

Nicht ganz dieser Meinung sind Vertreter der italienischen Minderheit, die vor allem an der slowenischen Adria-Küste lebt. Die Zahl der bekennenden Italiener ist binnen zehn Jahren ebenfalls um mehr als 20 Prozent auf etwa 2.300 gesunken. Dagegen haben knapp 3.800 Personen in der Volkszählung 2002 Italienisch als Muttersprache angegeben. Das Bekenntnis zur Muttersprache hat somit binnen 10 Jahren um nur drei Prozent abgenommen:

„Ein derartig großer Unterschied bedeutet, das viele und vor allem junge Menschen sich nicht als Angehörige der italienischen Minderheit deklarieren wollen, obwohl sie bereit sind, italienisch als Muttersprache anzugeben. Atmosphäre und Klima der Gesellschaft gegenüber Minderheiten sind nicht das beste. Das sieht man vor allem bei der Jugend die mehrheitlich ein Faktor der Assimilierung ist.“

Diese Assimilierung zeigt sich auch daran, dass jeweils etwa 40 Prozent der Italiener und Ungarn Pensionisten sind. Geringer als im slowenischen Durchschnitt und geringer als bei den Ungarn ist die Arbeitslosenrate. 2002 waren 5,5 Prozent der Italiener erwerbslos. Trotzdem werden auch wirtschaftliche Gründe für die Assimilierung verantwortlich gemacht.

„Unsere Jugend studiert in Italien arbeitet dann dort und verlässt diese Region, denn in Italien sind Lebensstandard und Möglichkeiten größer als in Slowenien. Unser Wunsch ist daher, dass die italienische Minderheit eine wirtschaftliche Grundlage entwickeln kann, damit wir den Menschen die Möglichkeit bieten können, hier zu bleiben, zu arbeiten und ihre Sprache und Identität zu entwickeln.“

Im Schulwesen ist diese Möglichkeit gegeben, wie das Gymnasium in Koper zeigt. 60 Schüler werden hier in allen Fächern bis auf das Fach Slowenisch in italienischer Sprache unterrichtet. Auch Austausch und Zusammenarbeit mit Schulen in Italien sind gut entwickelt. Gut entwickelt ist auch die Medienlandschaft. Das staatliche Fernsehen strahlt pro Tag neun Stunden Programm in italienischer Sprache aus. Zur modernen Studio-Ausstattung beigetragen hat auch Italien, das seine Minderheit in Slowenien ebenfalls finanziell unterstützt.

Eine soziale Randgruppe sind dagegen die knapp 4.000 Roma, obwohl auch sie in der slowenischen Verfassung erwähnt sind. Praktisch ohne höhere Bildung sind mehr als 70 Prozent der Roma arbeitslos. Am größten ist der Handlungsbedarf der neuen Regierung unter Janez Jansa jedoch gegenüber Bosnjaken, Kroaten und Serben. Zusammen machen diese drei Gruppen mehr als 100.000 Personen aus, ohne den Status einer anerkannten Minderheit zu besitzen.

Zu hören ist in Slowenien auch wieder die alt-deutsche Mundart der Gottscheer. Jugendarbeit, Sprachkurse und Theaterspielen zählen zu den Aktivitäten des Altsiedlervereins. Sie stoßen in Slowenien auch auf Misstrauen, denn anti-deutsche Vorurteile sind noch immer lebendig:

„So hat bei einer Klage der Bürgermeister von Dolenske Toplice ausgesagt, wir machen etwas Ungehöriges, weil wir im Briefkopf den Namen des Vereins auf Deutsch und Slowenisch geschrieben haben.“

Finanziert hat das Gottscheer-Kulturzentrum vor allem das Land Kärnten. Die Unterstützung durch Österreich und Slowenien ist gering, obwohl die Existenz der deutschen Minderheit im bilateralen Kulturabkommen festgeschrieben ist. 1600 Personen bekennen sich in Slowenien zur deutschen Muttersprache. Angestrebt wird die Anerkennung als autochtone Minderheit, ein Ziel das bisher nur Ungarn und Italiener erreicht haben.

Facebook Facebook