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20250318 ORF III Interview mit Alexander Vucic

Fernsehen
ORFIII
Berichte Serbien

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Belgrad

Inserts: Alexander Vucic, serbischer Präsident

Gesamtlänge: 4’31

Am Samstag haben in Belgrad die größten Demonstrationen seit Jahrzehnten stattgefunden. Die Zahl der Teilnehmer ging weit über die bisherigen Studentenproteste hinaus. Wie stehen Sie zu diesem Ausdruck von weitverbreiteter Unzufriedenheit und Polarisierung in Serbien?

0‘55
„Vier Monate lang hat sich Unzufriedenheit aufgebaut. Nach vier Monaten erreichte sie ihren Höhepunkt. Auf diesen Tag wurde vier Monate lang hingearbeitet, sowohl von außen als auch von innen, um dorthin zu gelangen. Natürlich respektiere ich jeden Menschen, der an irgendwelchen Demonstrationen teilnimmt, und ich bemühe mich immer, darauf zu reagieren. Besonders stolz bin ich darauf, dass wir als Staat es geschafft haben, das auf die bestmögliche Weise zu handhaben, ohne einen einzigen Schlagstock, ohne jegliche Gewalt.

Aber die Unzufriedenheit ist doch eine Tatsache – wenn so viele Bürger auf die Straße gehen?

0’55;
„Wenn man über Unzufriedenheit spricht, konnte man sehen, dass es sich um einen Aufstand von größtenteils wohlhabenden Menschen handelt, die am besten in diesem Land leben, und besonders in den Städten, wo man am besten lebt. In Belgrad liegt das Durchschnittsgehalt bei über 1150 Euro, und dieser Aufstand ist am stärksten in Belgrad, in Novi Sad und anderen großen Städten, aber nicht in Orten, wo die Gehälter niedriger sind, wo auch viel für die Bürger getan wurde. Wir haben in unserer Geschichte die meisten Straßen und Gleise gebaut. Die Gehälter sind die höchsten in der Geschichte Serbiens, die Renten sind die höchsten in der Geschichte Serbiens.“

Aber die Studentenproteste begannen doch wegen des Einsturzes des Vordaches am Bahnhof in Novi Sad am 1. Novmeber 2024. Vermutet wurden Korruption, Schlamperei und Misswirtschaft bei der Bauführung. Sehen Sie das nicht als die Gründe für die Proteste an?

10’46:
„Korruption hat nichts mit dem zu tun, was in Novi Sad passiert ist. Der erste Grund ist, dass wir diese Überdachung nicht konstruktiv rekonstruiert haben. Warum, weiß ich nicht. Natürlich geht es auch um Nachlässigkeit und Unachtsamkeit und die Untätigkeit derjenigen, die jede Bauarbeit in Serbien kontrollieren mussten und sehen mussten, in welchem Zustand die Statik dieses Bauwerks ist. Drittens; natürlich haben auch Ausführende und Subunternehmer, das ebenfalls nicht festgestellt. Und alle verantwortlichen Personen, egal ob sie für den korrupten Teil oder für den Zusammenbruch des Daches verantwortlich sind, werden nicht nur angeklagt, sondern ich bin mir sicher, dass die zuständigen Justizbehörden entsprechende Urteile gegen sie fällen werden.“

Die Studenten geben an, dass noch nicht alle ihre Forderungen erfüllt wurden; Sie und die Regierung behaupten das Gegenteil. Was kann auch die serbische Führung tun, um Spannungen abzubauen?

6’41
„Man wird aus dieser Situation herauskommen, wenn die Menschen erkennen, dass die Revolution in Serbien nicht erfolgreich sein wird. Es waren viele Menschen, aber ohne jegliches Programm, ohne jeglichen Plan. Und es wird noch eine Weile dauern und dann ist es vorbei. Einige inoffizielle Kontakte hatten wir, aber es ist schwer, zu etwas Rationalem zu kommen.“

KLZ: Ihre Proteste haben aber dazu geführt, dass der Ministerpräsident zurücktreten musste. Wird es einen neuen geben, wenn ja, wann?

„In einem Monat vielleicht, wenn es einen geben wird. Wenn nicht, gehen wir am 8. Juni zu den Wahlen. Ich habe überhaupt nicht mit meinen Leuten darüber gesprochen. Wir warten darauf, dass der Rücktritt im Parlament festgestellt wird. Danach haben wir noch 30 Tage, und dann werden wir mit allen sprechen.“

Gibt es eigentlich noch eine realistische EU-Perspektive für Serbien und den Westbalkan? Ist das überhaupt noch ein Thema für Sie nach so vielen Jahren?

15’56:
„Ich denke nicht, dass das jetzt jemanden besonders interessiert, trotz der schönen Worte. Ich glaube, vielen Menschen in Europa fehlt diese Art von strategischem Denken, aber wir haben unsere eigenen Probleme und möchten ebenfalls, dass unsere Wirtschaft am schnellsten wächst, und damit beschäftigen wir uns. Wenn wir Fortschritte in Richtung Europa machen können, ist das super, wenn nicht, ist es auch in Ordnung.“

Serben stehen möglicherweise Wahlen ab sicher weiter politisch unsichere Zeiten bevor.

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