20240812 ORFIII Belgrad Demo gegen Lithium Abbau in Serbien Wehrsch Mod
In Belgrad hat am Samstag am Abend eine Großkundgebung gegen den Abbau von Lithium in Serbien stattgefunden. Mehr als 25.000 Serben nahmen daran teil. Die Demonstranten fordern von Präsident Alexander Vucic ein dauerhaftes Verbot des Abbaus durch den Konzern Rio Tinto, der im Tal des Flusses Jadar im Grenzgebiet zu Bosnien und Herzegowina eine Mine errichten will. Lithium ist sehr wichtig für Batterien und Mobiltelefone; sein Reinheitsgrad in Serbien soll zu den höchsten in Europa zählen.
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Serbien
Insert1: Savo Manojlovic, Jurist und oppositioneller Gemeinderat in Belgrad
Insert2: Savo Manojlovic, Jurist und oppositioneller Gemeinderat in Belgrad
Insert3: Svetlana Bojkovic, serbische Schauspielerin
Insert4: Chad Blewitt, Vertreter von Rio Tinto in Serbien
Insert5: Chad Blewitt, Vertreter von Rio Tinto in Serbien
Insert6: Chad Blewitt, Vertreter von Rio Tinto in Serbien
Gesamtlänge:
Der Abbau von Lithium wie hier in Brasilien ist nicht nur kein schöner Anblick, sondern stößt wegen seiner möglichen Konsequenzen für die Umwelt auch auf immer heftigere Kritik. Zwar ist dieser Bergbau nicht in der Hand des Konzerns Rio Tinto; trotzdem befürchten viele Serben, dass das Tal der Jadar im Westen, im Grenzgebiet zu Bosnien, ebenso aussehen könnte, sollte der Konzern mit dem Abbau beginnen dürfen. Daher fordern Demonstranten bei Kundgebungen im ganzen Land seit Wochen ein generelles Verbot:
Savo Manojlovic: 51'0 - Ökologische Bedenken - 1'48'7
"Nach den Erkenntnissen der angesehensten Experten in Serbien ist es unmöglich, Lithium abzubauen, ohne dass es zu einer ökologischen Katastrophe kommt. Eine entsprechende Erklärung haben 60 Wissenschaftler unterzeichnet, darunter drei Mitglieder der Akademie der Wissenschaften. Somit besteht eine Erklärung, dass man derartige Bergwerke in unbewohntem Gebiet errichtet, wo man oft im Umkreis von 100 Kilometern niemanden hat und man sich bewusst ist, dass man die Umwelt opfert. Serbien ist ein kleines Land, und mit dem Projekt wird somit ein großer Teil des gesamten Landes bedroht."
Hinzu kommt das Fehlen von Vertrauen in die serbischen Institutionen und in den Bergbaukonzern:
2'40'6 - Misstrauen in Institutionen und Rio Tinto - 3'04'1
"Einerseits haben wie die angesehensten Experten mit ihren klaren Schlussfolgerungen; auf der anderen Seite haben wir korrupte Politiker an der Macht, die die eigene Verfassung unseres Landes gebrochen haben; und dann haben wir noch ein Unternehmen wie Rio Tinto, dass ein ziemlich schlechtes Ansehen hat."
Dieses gespannte Verhältnis macht bisher jedes seriöse Gespräch zwischen Gegnern und Befürwortern des Bergbau-Projekts unmöglich; das zeigte sich auch im Vorfeld der Großkundgebung in Belgrad. Medien, die Präsident Alexander Vucic nahestehen, machten mit allen möglichen Falschmeldungen Stimmung gegen die Kundgebung, bei der keine Politiker aber etwa eine sehr bekannte Schauspielerin auftrat:
Svetlana Bojkovic 1'24'3 - Zitat - 1'59'1
"Unsere Versammlung dient ausschließlich dem Umweltschutz und hat keinerlei politische Ambitionen. Doch bereits im Vorfeld haben uns die Machthaber zugeschrieben, dass wir einfach einen Staatsstreich planen; das bestätigt die folgende Schlagzeile in einer Tageszeitung: "Destabilisierung Serbiens unter dem Deckmantel des Umweltschutzes."
Andererseits hat auch Rio Tinto in seinem Büro in Belgrad eine Sammlung mit Falschmeldungen über das Bergbauprojekt. Das Unternehmen ist seit 20 Jahren in Serbien präsent; Probebohrungen und Studien gibt es viele; die Befürchtungen über eine Schädigung von Umwelt und Landwirtschaft seien unbegründet, weil der Abbau unter Tage geplant sei:
Chad Blewitt, Rio Tinto in Serbien
Kroz firmu1
5'19'8 - Untergrundmine Erläuterung - 5'59'9
"Das ist alles Unter-Tage und basiert auf der Rio-Tinto-Technologie. Da haben wir batteriebetriebene Fahrzeuge, Büros, die gesamte Instandhaltung geschieht unterirdisch. Das bedeutet Tunnels wie bei einer U-Bahn, und die Landwirtschaft an der Oberfläche arbeitet weiter, wobei wir 70 Prozent des genutzten Wasser recyclen werden. Es wird keine Auswirkungen für das Trinkwasser und das Wasser für die Landwirtschaft geben."
Trotzdem befürchten die Gegner des Projekts gerade Folgen für das Grundwasser. Wieso sollten sie Unrecht haben?
Kroz firmu1: 6'53'7 - Keine Wasserbeeinträchtigung - 7'22'6
"Wir arbeiten in 500 Metern Tiefe; wir werden weder Trinkwasser und Wasser für die Landwirtschaft berühren, wobei es auch keinen unterirdischen See gibt. Alle Chemikalien, die wir nutzen, sind in sich geschlossen, und zwar entsprechend den höchsten internationalen Standards. Da gibt es keinen Weg, dass Chemikalien auf Trinkwasser einwirken; das ist unmöglich."
In der Rio-Tinto-Zentrale in Belgrad sind auch serbische Geologen und Techniker beschäftigt, die Voraussetzungen für den Bau des Bergwerks abzuschließen. Sollte es dazu kommen, wird der Bau etwa vier Jahre dauern, sind doch allein Tunnel mit einer Gesamtlänge von 200 Kilometern zu errichten. Weitere drei Jahre werden dann bis zur vollen Produktion vergehen. Noch ist davon nichts zu sehen, doch der Abkauf von Land ist praktisch abgeschlossen:
1’41 Chad Loznica 3
„In diesem Gebiet leben 159 ständige Bewohner; davon haben 157 ihr Land freiwillig an uns verkauft, und zwar in Übereinstimmung mit den höchsten Standards für Umsiedlungen. All diesen Personen haben wir geholfen, kleine Betriebe zu gründen, Wohnungen zu kaufen und sich an ihr neues Leben anzupassen, ob das jetzt in Loznica, Belgrad oder woanders ist.“
In Loznica im Westen Serbiens hat Rio Tinto ein Informationszentrum eingerichtet. Doch zu einem echten Dialog zwischen Gegnern und Befürwortern des Projekts kam es bisher nicht; denn der Widerstand in Serbien bleibt massiv; Staatspräsident Alexander Vucic befürwortet den Lithium-Abbau; doch Vucic polarisiert, und das schadet auch dem Projekt, dessen Schicksal weiter offen ist, obwohl Rio Tinto bereits mehr als 600 Millionen Euro investiert hat.