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Vor Referendum in Serbien

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Berichte Serbien

In Serbien finden morgen ein Referendum über die Justizreform statt. Ihr grundlegendes Ziel ist es, Richter und Staatsanwälte unabhängiger von politischem Einfluss zu machen. Dazu müssen grundlegende Bestimmungen der Verfassung geändert werden, daher hat die Bevölkerung das letzte Wort, ob sie diese Reform der Justiz gutheißt oder nicht. Dafür sind natürlich Präsident Alexander Vucic und seine stärkste Regierungspartei aber USA und EU, die seit Jahren darauf drängt, den direkten Einfluss der Politik auf die Justiz in Serbien zu verringern. Diese Reform ist somit auch ein wichtiger Schritt auf dem Weg dieses Balkan-Landes zur Erfüllung von EU-Standards. In Belgrad hat unser Balkan-Korrespondent mit Justizexperten über die Reform gesprochen; hier sein Bericht:

„Sind Sie für die Änderung und die Verabschiedung des Rechtsakts über die Änderung der Verfassung“ – lautet die nicht wirklich aufrüttelnde Frage, die die Bewohner Serbiens morgen mit Ja oder Nein zu beantworten haben. Doch die Antwort ist wichtig. Bisher bestellte das Parlament in Belgrad Richter und Staatsanwälte; außerdem gab es für neue Richter eine Probezeit von drei Jahren; sie wird mit der Reform abgeschafft, und das Recht der Wahl geht auf je einen Hohen Rat für Staatsanwälte und Richter mit je 11 Mitgliedern über. Mitglieder dieser Gremien dürfen keiner politischen Partei angehören; die Amtszeit ist auf ein Mandat beschränkt. In Belgrad bewertet die Reform der Jurist Dragor Hiber so:

Dragor Hiber 9'55'4 - Bewertung der Reform und Umsetzung - 10'34'8

"Das ist ein ernsthafter Schritt nach vorne, wenn das alles so durchgeführt und umgesetzt wird; obwohl ich politisch der Opposition angehöre, muss ich das als Jurist anerkennen. Allerdings bin ich skeptisch, was die Umsetzung betrifft, weil auch unsere Richterschaft politisiert ist und ihr Personen vorstehen, die ein Naheverhältnis zur Regierungspartei haben; und diese Personen beeinflussen auch die Wahlen zum Hohen Rat der Richter und Staatsanwälte."

Dass für die Unabhängigkeit der Justiz in Serbien nicht quasi über Nacht

goldene Zeiten anbrechen, betont auch die für eine Menschrechtsorganisation arbeitende Anwältin Katarina Golubic:

Katarina Golubovic 6'37'2 - Kader bleiben, verzögerte Änderung - 7'52'2

"An der Spitze der Justiz bleiben bis zum Ende ihres Mandats dieselben Personen. Das bedeutet, dass die Regeln der Unabhängigkeit erst in etwa fünf Jahren völlig mit Leben erfüllt werden. Über das Schicksal all jener, die bereit waren, dem Einfluss des Staates und - nicht zu vergessen - der Wirtschaft nachzugeben - über ihr Schicksal entscheidet dann nicht mehr das Parlament, sondern die Fachwelt. Wichtig wird daher die Festlegung objektiver Kriterien sein, nach denen die Arbeit von Richtern und Staatsanwälten zu bewerten ist."  

Zweifellos ist die Reform ein wichtiger Schritt zur weiteren EU-Annäherung Serbiens, ein Faktum, das die sogenannte demokratische Opposition trotzdem nicht davon abgehalten hat, die Bevölkerung aufzurufen, mit Nein zu stimmen. Dagegen versucht die Regierungspartei von Staatspräsident Alexander Vucic, so viele Anhänger wie möglich für ein JA zu mobilisieren. Eine Mindestanzahl an abgegeben Stimmen für die Gültigkeit des Referendums gibt es nicht mehr, so dass eher mit einer Annahme der Justizreform zu rechen ist.

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