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Neuer Patriarch in Belgrad gewählt

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Die Serbisch-Orthodoxe Kirche hat seit Donnerstag ein neues Oberhaupt. Zum 46. Patriarchen wählte die Bischofsversammlung in Belgrad Porfirije Peric, den bisherigen Bischof der Diözese von Slowenien und Kroatien mit Sitz in Agram. Porfirijes Inthronisierung erfolgte nur einen Tag später in der Kirche des Patriarchats. Notwendig wurde die Wahl, weil der 90igjährige Patriarch Irinej Ende Dezember an den Folgen von Corona verstorben ist. Sein Nachfolger ist um 30 Jahre jünger und gilt als Mann des Dialogs. In seiner ersten Predigt sagte Porfirije Peric, dass er alle Nationen liebe und betonte: „Wenn wir den Frieden Gottes in uns haben, werden wir mit unseren Mitmenschen versöhnt und wir werden mit uns selbst versöhnt sein. Versöhnung in der Orthodoxen Welt wird zu den Aufgaben des neuen Oberhaupts zählen. Der Kirchenkonflikt mit Mazedonien dauert bereits mehr als 60 Jahre, die Beziehungen zur Katholischen Kirche sind weiter belastet und haben bisher einen Besuch des Papstes in Belgrad verhindert. Zur Wahl gratuliert haben Porfirije alle Oberhäupter der orthodoxen Kirchen aber auch der kroatische Kardinal Josip Bosanic; er zeigte sich zuversichtlich, dass nun neue Wege der Liebe und Barmherzigkeit beschritten werden könnten:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Belgrad

Schnitt Mica Vasiljevic, Kamera: Predrag Crvenkovic, Nenad Dilparic, Marjan Ognjanovskij

Insert1: Jovan Janijc, Experte für orthodoxes Kirchenrecht

Insert2: Porfirjie (Peric), neuer Patriarch der Serbisch-orthodoxen Kirche

Insert3: Hrvoje Klasic, Kroatischer Historiker und guter Bekannter

Insert4: Porfirjie (Peric), neuer Patriarch der Serbisch-orthodoxen Kirche

Insert5: Stanislav Hocevar, Katholischer Erzbischof in Belgrad

Gesamtlänge: 5’20

Porfirije Peric ist der neue Patriarch der Serbisch-Orthodoxen Kirche; seine Inthronisierung fand in der kleinen Kirche des Patriarchats in Belgrad statt. Der besondere Wahlmodus stammt aus der Zeit des kommunistischen Jugoslawien und soll den Einfluss des Staates auf die Kirche beschränken. Ermittelt wird zunächst ein Dreier-Vorschlag, auf den dann dass das sogenannte apostolische Los folgt:

Janijc 4'39 - Apostolisches Los - 6'09 (25)

"Die Namen der drei Kandidaten mit den meisten Stimmen werden in Kuverts gesteckt, die dann versiegelt werden. Diese drei Kuverts werden dann in das Neue Testament gelegt, aus denen nach einem Gebet ein angesehener Mönch ein Kuvert zieht. Der Mönch übergibt das Kuvert dem Vorsitzenden, der es öffnet und den Namen des neuen Patriarchen verkündet."

Die Wahl selbst fand zum ersten Mal in der Kathedrale des Heiligen Sava statt; die Krypta ist größer als die Kapelle in der Patriarchen-Kirche und ermöglicht mehr soziale Distanz in Zeiten der Corona-Pandemie. Die Versammlung der Bischöfe durfte nicht gefilmt werden, dauerte aber nur kurz; bereits nach vier Stunden verkündeten die Glocken ein Ergebnis. Porfirije Peric ist 60 Jahre alt, und um 30 Jahre jünger als sein an Corona verstorbener Vorgänger. Bei seiner Inthronisierung waren Masken eine Seltenheit, die Pandemie aber trotzdem ein Thema seiner ersten Predigt:

Porfirije 5'10 - Corona - 5'33'3 (21)

"Möge uns diese Pandemie als Beispiel zeigen, wie sehr wir miteinander verbunden und aufeinander angewiesen sind; und dass wir nur durch gegenseitige Aufmerksamkeit dieses schreckliche Unglück besiegen können, ein Unglück der Sünden und Krankheiten, das uns von innen bedroht."

Seit 2014 war Porfirije Metropolit von Kroatien und Slowenien mit Sitz in Agram. Ihm gelang es, das durch den Zweiten Weltkrieg und den Kroatien-Krieg belastete Verhältnis mit der katholischen Kirche zu verbessern. Gemeinsam mit Kardinal Josip Bozanic besuchte er die durch das Erdbeben schwer beschädigte Kathedrale in Agram und eine weniger in Mitleidenschaft gezogene Serbisch-Orthodoxe Kirche. Sein verbindliches Auftreten und seine regelmäßigen Treffen mit Intellektuellen brachten Porfirije viele Sympathie ein:

Klasic 2'47 - Verhalten und Verdienste - 4'56'6 (45)

"Statt der üblichen serbisch-kroatischen Rhetorik, die oft durch den Wettbewerb geprägt ist, wer mehr umgebracht hat und wer schuldiger an etwas ist, war Porfirije mehr orientiert an universalen Werten und an der Zukunft, ohne die Vergangenheit zu vergessen. Er schuf in seinen Räumlichkeiten einen Kreis von etwa 40 Intellektuellen; darunter war die Mehrheit Atheisten, viele Linke, aber auch Konservative und Gläubige, mehrheitlich Serben aber auch Kroaten. Da wurde nicht nur über serbisch-kroatische Fragen, sondern über sehr viele Themen gesprochen, die die Welt heute belasten. Das könnte auch ein ausgezeichnetes Konzept für eine kroatisch-serbische Aussöhnung sein."

Auf seine Erfahrungen in Kroatien ging der neue Patriarch auch ganz konkret bei seiner ersten Predigt während der Inthronisierung in Belgrad ein:

Porfirije 5'33'9 - Juni 2014 in Agram - 7'12 (42)

"2014 habe ich in Zagreb gesagt, dass ich mit meinen bescheidenen Kräften und Gottes Segen daran arbeiten werde, Menschen miteinander zu verbinden, Brücken zu bauen und einen Dialog mit allen zu führen. Durch diesen Dialog habe ich Freunde gewonnen, und ich bin tief davon überzeugt, dass sie auch meine Kirche und das serbische Volk gewonnen haben. Ich werde mich diesen Menschen würdig erweisen. Ein derartiger Freund werde ich allen unabhängig von Nation und Religion auch dort sein, wo wir orthodoxe Serben die Mehrheit stellen."

Die Beziehungen zwischen dem Vatikan und der serbischen Orthodoxie sind an sich gut. Ein Besuch des Papstes in Belgrad steht aber noch aus. Papst Franziskus setzte bereits klare Zeichen seiner Dialogbereitschaft, eine Initiative, die unter Porfirije auf fruchtbareren Boden fallen könnte:

Hocevar 1'07'4 - Bewertung der Wahl - 3'27 (36)

"Ich denke, dass diese Wahl eine neue Periode eines intensiveren Dialoges in jeder Hinsicht kennzeichnen sollte. Ich denke, dass er das persönlich unterstützen wird, weil die Katholische Kirche doch der erste Partner in der christlichen Welt ist; daher ist es logisch, dass es zwischen uns einen Dialog gibt, der so intensiv wie möglich ist. Dieser Dialog war bisher nicht ausreichend; daher schaue ich mit Hoffnung in die Zukunft.“

Zufrieden mit der Wahl kann auch der serbische Präsident Alexander Vucic sein. Zwar bekräftigte Porfirije die enorme geistliche Bedeutung des albanisch-dominierten Kosovo; doch als politisch denkender Mensch könnte er einer Normalisierung der Beziehungen aufgeschlossener gegenüberstehen als sein Vorgänger. Der traditionelle Sitz des Patriarchen liegt in Pec im Westen des Kosovo; dort soll die Inthronisierung zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.

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