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Neue Bürgerbewegung im Parlament in Serbien

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Berichte Serbien
Die Parlamentswahlen in Serbien haben am Sonntag klare Machtverhältnisse aber auch zwei neue Parteien ins Parlament gebracht. Einerseits dominieren Ministerpräsident Alexander Vucic und seine Fortschrittspartei durch ihre absolute Mehrheit mit 131 Mandaten das Parlament, das 250 Sitze umfasst. Andererseits gibt es neben den Sozialisten mit 30 Mandaten und Miniparteien nationaler Minderheiten noch fünf Parteien mit je etwa 15 Mandate, die weltanschaulich sehr heterogen sind. Dazu zählen zwei Pro-EU-Parteien ebenso wie zwei ultranationalistische, pro-russische Gruppen. Fünfter im Bunde ist die Partei „Es reicht“. Sie zog zum ersten Mal ins Parlament ein und gewann etwa knapp sechs Prozent der Stimmen mit einem Wahlkampf, der sehr stark über soziale Medien geführt wurde. Mit ihrem Vorsitzenden, dem früheren Wirtschaftsminister Alexander Radulovic, hat in Belgrad unser Korrespondent Christian Wehrschütz über die künftige Rolle der Opposition und die Ziele dieser Partei gesprochen; hier sein Bericht:

Der hagere, großgewachsene Alexander Radulovic lebte lange Jahre im Ausland und arbeite auch für große deutsche Firmen, ehe er vor mehr als zehn Jahren nach Serbien zurückkehrte. Der 50-jährige Radulovic war knapp fünf Monate Wirtschaftsminister unter Alexander Vucic. Beide verbindet seit dem eine herzliche Abneigung; Radulovic gewann bei der Wahl viele enttäuschte Pro-EU-Wähler; seine Partei „Es reicht“ präsentierte er als Protest gegen die politische Klasse insgesamt. „Es reicht“ bezeichnet Alexander Radulovic als Bürgerbewegung der Mitte:

„Wir sind für einen starken sozialen Schutz, von der Sozialhilfe über Krankenversicherung für alle und ein starkes Pensionssystem, anderseits sind wir für die Marktwirtschaft, die vor allem auf Klein- und Mittelbetriebe ausgerichtet sein soll. Was unsere Werte betrifft, sind wir für die Herrschaft des Rechts, frei Medien, unabhängige Justiz und die Menschenrechte als allgemeine Grundlage.“

An oberste Stelle des 20-Punkte Programms steht die Forderung nach völliger Transparenz im Staat. Das betrifft die Eigentümer privater Medien ebenso wie die öffentliche Beschaffung und das Staatseigentum. Unter Alexander Vucic sei Serbien zu einem autokratischen System geworden; im Kampf für mehr Demokratie könnten alle Oppositionsparteien im Parlament zusammenarbeiten, sagt Alexander Radulovic:

„Trotz großer ideologischer Unterschiede gibt es gemeinsame Punkte; dazu zählen die Herrschaft des Rechts, die Achtung von Verfassung und Gesetzen, Medienfreiheit und Transparenz. Wir wollen auch viel mehr direkte Demokratie in Serbien einführen, und Bürger in die Debatte über neue Gesetze einbinden.“

Im Wahlprogramm von „ES reicht“ gibt es keinen einzigen Punkt zur Außenpolitik oder zur EU. Unklar bleibt auch Alexander Radulovic, ob er und seine Partei einen EU-Beitritt befürworten:

„Unter der Flagge der EU, die in Serbien seit dem 5. Oktober 2000 geschwenkt wird, wurde das Land ausgeplündert, alle Institutionen und die Justiz wurden zerstört; somit bedeutet uns diese Fahne nichts mehr. Offensichtlich hat sich der Glaube der Bürger nicht bestätigt, dass eine EU-Bürokratie Serbien in Ordnung bringen wird. Wir bedauern sehr, dass viele EU-Politiker bereit sind. in Serbien mit einer autokratischen Politik zusammenzuarbeiten.“

Serbien solle sich an Staaten wie Dänemark, den Niederlanden, Deutschland, Kanada oder Australien orientieren, betont Alexander Radulovic.

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