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Historische Einigung zum Kosovo

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien
14 Jahre nach dem Kosovo-Krieg der NATO und fünf Jahre nach der einseitigen Ausrufung der Unabhängigkeit haben der Kosovo und Serbien in Brüssel einen entscheidenden Durchbruch bei der Normalisierung ihrer Beziehungen erzielt. Das unter Vermittlung der EU in zehn Verhandlungsrunden paraphierte Dokument enthält 15 Punkte. Geregelt wird darin vorwiegend die Rechtsstellung des serbisch dominierten Nordkosovo. Er bekommt viele Autonomierechte, wird aber im Gegenzug in die Rechtsordnung des Kosovo eingegliedert. Der Kompromiss macht den Weg frei für die weitere EU-Annäherung beider Länder. Serbien darf nun rasch auf ein Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der EU hoffen, der Kosovo wird Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen mit der EU aufnehmen.

Konkret umfasst die Vereinbarung 15 Punkte; geregelt werden darin die Kompetenzen des Gemeindebundes den zunächst die vier Serben-Gemeinden des Norden bilden, dem sich aber wohl auch die sechs serbisch-dominierten Gemeinden südlich des Flusses Ibar anschließen werden. Diese Kompetenzen beruhen auf dem sogenannten Ahtisaari-Plan, den Serbien vor fünf Jahren noch strikt ablehnte, den der Kosovo jedoch umgesetzt hat. Hinzu kommen noch zusätzliche Zuständigkeiten, die die Regierung in Pristina übertragen wird; dazu zählt, dass der Gemeindebund de facto seinen regionalen Polizeikommandanten selbst wählen kann; die Ernennung und die Bezahlung der Polizisten erfolgt jedoch nur durch den Kosovo. Nach kosovarischen Gesetzen sollen auch noch heuer Lokalwahlen im Norden stattfinden. Beide Seiten verpflichteten sich zur zügigen Umsetzung bisher getroffener technischer Regelungen, und bis Mitte Juni sollen auch noch die Fragen Telekommunikation und Energie geregelt werden. Die Stromversorgung des Kosovo hängt von Serbien ab; bei der Telekommunikation soll die Blockade der jeweiligen anderen Mobilfunkanbieter enden. Im Norden sollen auch keine Streitkräfte des Kosovo stationiert werden, eine Vereinbarung, die von der NATO garantiert wird, deren Friedenstruppe KFOR im Kosovo im Einsatz ist.

Entscheidend für den weiteren Weg Richtung Brüssel ist Punkt 14; denn beide Seiten verzichten darauf, das jeweils andere Land bei seiner europäischen Integration zu blockieren. Damit wird seit dem Sturz von Slobodan Milosevic im Herbst 2000 wohl der größte Schritt zur Stabilisierung des Balkan gesetzt; als historische Ironie kann es gelten, dass ausgerechnet Milosevics ehemalige Weggefährten, der sozialistische Ministerpräsident Ivica Dacic, und der Chef der größten Regierungspartei, der ehemalige Utranationalist, Verteidigungsminister Alexander Vucic, die Vereinbarung schlossen. Für die kosovarische Seite verhandelte Ministerpräsident Hashim Thaci Er bezeichnete die Regelung als Garantie für die territoriale Integrität das Kosovo, für seine Anerkennung und seine völkerrechtliche Subjektivität. Freilich ist damit noch keine UNO-Mitgliedschaft garantiert, die Serbien weiter nicht anerkennt, doch ein großer Schritt wurde auch in diese Richtung getan.

Natürlich würdigte auch die EU die Vereinbarung als historischen Schritt für den Kosovo und Serbien. Die Kosovo-Berichterstatterin des europäischen Parlaments, die Österreicherin Ulrike Lunacek, wertete die Vereinbarung als Schlüsselmoment für ddie EU-Integration des Westbalkan. Serbiens Ministerpräsident Ivica Dacic wertete das Dokument als den bestmöglichsten Text, den Serbien bisher erhalten habe. Am Montag werde Brüssel informiert, ob der Paraphierung auch die Unterzeichnung gefolgt sei. Dabei ist durchaus noch Störfeuer zu erwarten, wobei die größten Probleme die Serben-Gemeinden im Nordkosovo bereiten dürften. Sie wollen die Integration in der Staat Kosovo nicht akzeptieren; bereits angekündigt haben deren Vertreter ein Referendum gegen die Vereinbarung, und auch die Abhaltung der Lokalwahlen wird ein Testfall dafür sein, wie sehr Belgrad nun tatsächlich zu seiner Unterschrift steht.

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