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Herbsttagung der serbischen Bischöfe

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Wiener Zeitung
Berichte Serbien
In Serbien ist gestern die Orthodoxe Kirche zur Herbsttagung der Bischofskonferenz zusammen getreten. Begonnen hat die Konferenz, an der 46 Bischöfe aus der ganzen Welt teilnehmen, mit einem Gottesdienst früh am Morgen in der Patriarchen-Kapelle in Belgrad. Den Beistand des Heiligen Geistes benötigen die serbischen Bischöfe dieses Mal noch dringender als sonst, denn die von Machtkämpfen geprägte Orthodoxe Kirche steckt in einer tiefen Krise. Grund dafür ist die offene Führungsfrage, dann der greise Patriarch Pavle ist de facto amtsunfähig. Seit einem Jahr liegt der 94-jährige Pavle in einem Krankenhaus in Belgrad. Seine Pflichten als Oberhaupt der Orthodoxie kann er nur eingeschränkt erfüllen; doch bisher weigerte er sich, zurückzutreten.

Doch nun soll Pavle Anfang Oktober schriftlich beantragt haben, von seinen Pflichten als Patriarch entbunden zu werden. Damit hat Pavle, der in Serbien ein hohes Ansehen aber nur wenig Macht in der Kirche genießt, theoretisch den Weg frei gemacht für die Wahl eines Nachfolgers. Doch sein Rücktrittsgesuch verschärfte die Krise der Kirche sogar noch; denn in Serbien war wochenlang sogar umstritten, ob Pavle überhaupt diese Entbindung von seinen Pflichten selbst beantragt hat; dazu beigetragen hat die Kirchenführung selbst, die sich weigerte, das Rücktrittsgesuch zu veröffentlichen, dass traditionell mit grüner Tinte unterzeichnet werden muss. Einzelne Bischöfe äußerten den Verdacht, die Unterschrift von Pavle könnte gefälscht sein, der Greis sei viel zu schwach zum Schreiben. Doch ein ärztliches Bulletin fehlte; daher blühen Spekulationen aber auch der Machtkampf unter den Bischöfen. Eine große Gruppe lehnt eine Neuwahl ab, selbst wenn der Patriarch tatsächlich den Rücktritt beantragt haben sollte.

Erster Punkt der Tagesordnung der Bischofskonferenz in Belgrad ist daher auch das Rücktrittsgesuch des Patriarchen; selbst wenn es von der Mehrheit der Bischöfe angenommen wird, ist offen, ob es auch gleich zur Neuwahl eines Patriarchen kommt, oder ob der Heilige Sabor nicht erst in einigen Monaten zu einer außerordentlichen Wahlsitzung zusammentritt. Jede Verzögerung würde jedoch nur die Agonie verlängern, weil der Machtkampf zwischen Reformern und Falken die Kirche lähmt. Umstritten sind so wichtige Fragen wie die Haltung der Orthodoxen Kirchen zum EU-Kurs Serbiens; hinzu kommt die Frage, ob die Kirche mit den Kosovo-Institutionen und der EU-Mission EULEX im Kosovo zusammenarbeiten soll oder nicht. Umstritten ist auch, in welchem Ausmaß die Orthodoxie zur Ökumene vor allem mit der Katholischen Kirche bereit sein soll. In all diesen Punkten ist die prowestliche politische Führung Serbiens natürlich an einer kooperativen Haltung der Kirch interessiert; doch der tatsächliche Einfluss des Staates auf die Wahl des Patriarchen ist gering, dafür hat die Kirche bereits in der Zeit des Tito-Kommunismus vorgesorgt. Denn der Heilige Sabor wählt nur einen Dreiervorschlag, wobei jeder der drei Kandidaten die absolute Mehrheit erhalten muss; anschließend werden die drei Namen auf drei Zettel geschrieben und in einen Hut geworfen, denn der Patriarch wird durch das Los ermittelt. Gezogen wurde so bei der bisher letzen Wahl im Jahre 1990 mit Patriarch Pavle ein Außenseiter, der erst nach neun Versuchen die nötige Mehrheit erreichte, um in den Dreiervorschlag aufgenommen zu werden.

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