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Bruch bei den Ultranationalisten vollzogen

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien
Neben dem bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden Tomislav Nikolic haben die Ultranationalisten weitere 17 Parlamentsabgeordnete aus der Partei ausgeschlossen. Diese Gruppe hat bereits eine eigene Fraktion gebildet, die Gründung einer eigenen Partei wird demnächst folgen. Im Parlament haben die Ultranationalisten somit ein Viertel ihrer Sitze und damit ihre Rolle als stärkster Klub eingebüßt. Anlass für die Abspaltung von Nikolic und Co war die Haltung zur EU. Nikolic wollte für den Vertrag zwischen Belgrad und Brüssel über die EU-Annäherung stimmen; doch setzte sich der Vorsitzende Vojislav Seselj durch, der von seiner Zelle im Haager Tribunal aus noch immer die Ultranationalisten führt. Der wegen Kriegsverbrechen angeklagte Seselj ist ein radikaler Gegner des Westens; für ihn ist die EU eine satanische Schöpfung; so lautet auch der Titel einer seiner unzähligen Bücher, die Seselj geschrieben hat. Unter seiner indirekten Führung werden sich die Ultranationalisten nun weiter radikalisieren, doch diese Ideologie hat keine Zukunft, vor allem wenn des Serbien gelingt, die soziale und wirtschaftliche Lage dank der EU-Annäherung zu verbessern.

Seseljs Sieg dürfte daher ein Pyrrhussieg sein; diese Erkenntnis war ein Grund dafür, dass Nikolic die Ultranationalisten mäßigen wollte. Sie sollten nach dem Muster der kroatischen Regierungspartei HDZ zu einer nationalkonservativen Partei des sozialen Protests werden. Diesen Plan kann Nikolic nun mit seiner eigenen Partei umsetzen. Diese Partei hat ein großes Potential; wie groß es ist, zeigt der Umstand, dass Nikolic bei der Präsidentenwahl im Februar fast 2,2 Millionen Stimmen gewann und dem prowestlichen Amtsinhaber Boris Tadic nur um 100.000 Stimmen unterlag. Doch zum Sieg reichte es nicht, weil die nationalistische Erblast schwer wog, und Seselj jede weitere Transformation verhinderte. Unklar ist, warum das Tribunal Seselj diese Freiheiten in seiner Zelle einräumte. Denn politische Aktivitäten sind Gefangenen untersagt, und ein Gefängniswärter hätte Seselj nur sein Mobiltelefon wegnehmen müssen, um dessen abstruses politisches Weltbild zu neutralisieren. Doch abgesehen davon sind Funktionäre und Wähler der Ultranationalisten nun jedenfalls verunsichert und gespalten, und das wiederum stärkt die proeuropäische Regierung, die Serbien so rasch wie möglich an die EU heranführen will.

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