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Radovan Karadzic, Richard Holbrooke und die Westmächte

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien


Einen Tag nach seinem ersten öffentlichen Auftreten vor dem Haager Tribunal ist der mutmaßliche Kriegsverbrecher Radovan Karadzic bereits in die Offensive gegangen. Karadzic behauptet in einem Schriftsatz, 1996 mit dem amerikanischen Diplomaten Richard Holbrooke eine Vereinbarung geschlossen zu haben, die ihm garantiert, niemals vor dem Haager Tribunal erscheinen zu müssen. Die Vereinbarung zwischen Radovan Karadzic und Richard Holbrooke als Vertreter der USA soll vorgesehen haben, dass sich Karadzic völlig aus dem öffentlichen Leben zurückzieht. Im Gegenzug garantieren die USA, dass Karadzic niemals der Prozess in Den Haag gemacht wird. In dem Schriftsatz an das Tribunal behauptet Karadzic, dass diese Garantie der USA eine mündliche Nebenabsprache gewesen sei. Außerdem behauptet Karadzic, die frühere amerikanische Außenministerin Madeleine Albright, habe ihm den Vorschlag übermitteln lassen, er Karadzic, solle sich nach Russland, Griechenland oder Serbien absetzen.

Medien in Serbien haben gestern jedenfalls einen Vertrag veröffentlicht, der angeblich die Unterschrift von Karadzic und Holbrooke trägt. Darin steht zwar nichts über das Haager Tribunal; doch Karadzic verpflichtet sich tatsächlich, aus der Öffentlichkeit zu verschwinden, eine Zusage, die er auch (12 Jahre lang) eingehalten hat. Im Gegenzug sagten ihm die USA eine Einmalzahlung von 600.000 US-Dollar zu, um seinen Lebensstandard in den kommenden sechs Jahren halten zu können; zugesagt wurden auch eine Residenz und mindestens sechs Leibwächter. Außerdem verpflichten sich die USA, Karadzic über jede mögliche Bedrohung seiner Sicherheit zu informieren. Holbrooke hat zugegeben, dass es ein Abkommen mit Karadzic gab. Die Zusagen in puncto Haager Tribunal dementierte Holbrooke jedoch energisch. Anders sieht das die Florence Hartmann, die ehemalige Pressesprecherin des Haager Tribunals. in ihrem Buch „Friede und Strafe“ wirft sie den Großmächten vor, gar nicht die Absicht gehabt zu haben, Karadzic aber auch Ratko Mladic zu verhaften. Dies habe mit dem Versagen von Paris, London und Washington zu tun, das Massaker in Srebrenica zu verhindern, bei dem im Sommer 1995 8000 Bosnjaken getötet wurden. Sicher ist jedenfalls, dass sich Karadzic zunächst über das schlechte Foto lustig Machte, das seinen Steckbrief zierte: „Ich kann ihnen ein viel besseres Foto geben“ sagte Karadzic in einem Interview nach dem Krieg. Noch 1996 konnte er sich frei in Bosnien bewegen, obwohl bereits NATO-Truppen stationiert waren und das Tribunal gegen ihn im Sommer 1995 Anklage erhoben hatte.

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