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Serbiens Regierung zwischen Aussöhnung und Kohabitation

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien


Knapp zwei Monate nach den vorgezogenen Parlamentswahlen steht in Serbien nun die neue Regierung. Sie hat 27 Mitglieder und ist das größte Kabinett am Balkan. Führende Kraft ist die DS, die Demokratische Partei von Staatspräsident Boris Tadic. Sie stellt mit Mirko Cvetkovic den Ministerpräsidenten und 10 Minister Neben der DS gehören der Regierung noch sechs Parteien an, darunter die Wirtschaftspartei G17 Plus, die Milosevic-Sozialisten und vier Kleinparteien. Erster stellvertretender Ministerpräsident ist der Vorsitzende der Sozialisten Ivica Dacic; er ist gleichzeitig Innenminister, doch alle wichtigen Posten der Polizei und des Geheimdienstes werden von der DS besetzt. Im 250 Sitze zählenden Parlament hat die Regierung mit 128 Sitzen nur eine knappe absolute Mehrheit.

Hauptziel der Regierung ist es, Serbien so rasch wie möglich an die EU heranzuführen. Das ist auch der wichtigste gemeinsame Nenner, der die prowestlichen Parteien und die Sozialisten zu Koalitionspartner machte. Denn in der Ära von Slobodan Milosevic standen die Sozialisten und die DS buchstäblich auf der jeweils anderen Seite der Barrikade, und die Transformation der Milosevic-Sozialisten zu einer normalen linken Partei europäischen Zuschnitts hat erst begonnen. Doch ohne die Sozialisten konnte keine Mehrheit im Parlament erreicht werden; denn die Partei des bisherigen Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica lehnt jede weitere EU-Annäherung ab, weil die Mehrheit der EU die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt hat. Diesen Umstand nutzten die Sozialisten, die nun aus dem langen Schatten von Slobodan Milosevic heraustreten und zu einer international „salonfähigen“ Linkspartei werden können. Erreichbar ist dieses Ziel nur, wenn das Kabinett volle vier Jahr durchhält und soziale und wirtschaftliche Erfolge vorweisen kann. Vorbedingung dafür ist auch die volle Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal. Dass die Sozialisten eine Auslieferung des meistgesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrechers, Ratko Mladic, „schlucken“ werden, gilt in Belgrad als sicher.

Neu ist in Serbien aber nicht nur die Koalition der einstigen Gegner, sondern auch die Tatsache, dass Staatspräsident und Regierungschef zum ersten Mal von derselben Partei gestellt werden. Die wahre Macht wird daher bei Präsident Boris Tadic liegen; er ist auch DS-Vorsitzender, während Ministerpräsident Mirko Cvetkovic in der Partei über keinen Einfluss verfügt.

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