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Der Kampf um Belgrad ist noch offen

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien
Mit Champagner und Feuerwerk feierten in der Wahlnacht die proeuropäischen Kräfte in Serbien ihren in diesem Ausmaß überraschenden Sieg. Auf die Feier kann noch immer der Katzenjammer folgen, weil die Frage der Regierungsbildung keineswegs entscheiden ist. Erste Koalitionsverhandlungen führten in Belgrad jedenfalls nicht der Sieger, sondern die zweitplazierten Nationalisten. Ihr Spitzenkandidat Tomislav Nikolic traf mit dem noch amtierenden nationalkonservativen Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica zusammen. Kostunica schloss in der Wahlnacht eine weitere Zusammenarbeit mit dem bisherigen Koalitionspartner Boris Tadic aus. Mit Unterstützung der Nationalisten könnte Kostunica jedoch Ministerpräsident bleiben, denn beide eint das klare Nein zur EU.

Doch Nikolic und Kostunica brauchen für eine absolute Parlamentsmehrheit die Milosevics-Sozialisten. Gleiches gilt für den siegreichen proeuropäischen Block. Die Sozialisten sind somit das Zünglein an der Waage; sie erlebten am Wahltag eine Art Wiedergeburt und erzielten das beste Ergebnis seit dem Sturz von Slobodan Milosevic vor acht Jahren. Wie sich die Sozialisten schließlich entscheiden werden ist noch offen, denn das politische Feilschen in Belgrad hat gerade erst begonnen.

Doch selbst wenn die proeuropäischen Wahlsieger auch die Regierungsverhandlungen gewinnen sollten, wird Serbien bei seinem klaren Nein zur Unabhängigkeit zum Kosovo bleiben. Dessen Staatlichkeit steht wegen der konsequenten Politik Belgrads und der Uneinigkeit der EU und ihres Konflikts mit Russland und der UNO auf tönernen Füßen – und der Unmut unter den Albanern steigt. Eine prowestliche Regierung in Serbien ist somit nur ein Schritt zu eine Stabilisierung des Balkan; sie wird nur dauerhaft sein, wenn zwischen Brüssel, Belgrad, Prishtina, Moskau, New York und Washington auch das Kosovo-Problem endgültig gelöst worden ist.

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