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Stehen in Serbien Neuwahlen bevor?

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Berichte Serbien
In Serbien hat der Konflikt zwischen dem am Sonntag wiedergewählten Staatspräsidenten Boris Tadic und dem nationalkonservativen Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica zu einer massiven Regierungskrise geführt. Grund dafür ist der Streit, ob Serbien auch dann am EU-Kurs festhalten soll, wenn der Kosovo unabhängig wird. Boris Tadic und seine Partei DS sind dafür, ihr Koalitionspartner, der nationalkonservative Ministerpräsident und sein Zweiparteienbündnis sind dagegen. Kulminiert ist dieser Konflikt nun an der Frage, ob Serbien den politischen Übergangsvertrag unterzeichnen soll, den die EU vorläufig statt des Abkommens über Stabilisierung und Assoziation angeboten hat. Geplant war, dass ein Minister der DS den Vertrag gestern unterschreibt; erforderlich war dazu jedoch eine Ermächtigung der Regierung, in der die DS die absolute Mehrheit der Minister stellt. Doch Kostunica berief einfach keine Kabinettssitzung ein, daher wurde die Unterzeichnung durch Brüssel abgesagt. Kostunica vertritt die Ansicht, dass eine Unterzeichnung des Vertrages mit der EU einer indirekten Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo gleichkäme.

Kostunica wiederum fordert die Einberufung einer Sondersitzung des Parlaments, um das Kabinett auf ein Nein zur EU festzulegen. Im Parlament hat Kostunica mit den Milosevic-Sozialisten und der ultranationalistischen Radikalen Partei von Tomislav Nikolic eine klare Mehrheit. Parlamentspräsident ist jedoch ein Parteigänger von Boris Tadic, der sich bisher weigert, das Parlament einzuberufen, solange die Regierung nicht getagt hat. Derzeit sind somit zwei der wichtigsten Institutionen in Serbien blockiert – und das wenige Tage vor der voraussichtlichen Ausrufung der Unabhängigkeit des Kosovo. Wann Regierung und Parlament tagen werden ist ungewiss. Sicher ist jedoch, dass vorgezogene Parlamentswahlen immer wahrscheinlicher werden, je länger die Regierungskrise dauert. Stattfinden könnten die Neuwahlen gemeinsamen mit den Lokalwahlen im Mai. Serbien säße dann zwischen allen Stühlen, ohne Kosovo und ohne Annäherung an die EU – und die Machfrage würde bei der Wahl dann zwischen Tadic und Nikolic geklärt werden, die die beiden stärksten politischen Blöcke in Serbien repräsentieren. Nikolic ist am Sonntag Tadic bei der Präsidentenwahl nur knapp unterlegen. Auch Nikolic ist gegen jede EU-Annäherung, sollte der Kosovo unabhängig werden.

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