Boris Tadic: Djindjics Erbe
Zeitung
Kleine Zeitung
Berichte Serbien
Politisch aktiv war Tadic seit seiner Studentenzeit, der Demokratischen Partei (DS) trat er 1990 bei. Nach dem Sturz von Slobodan Milosevic wurde Tadic Minister für Telekommunikation in der jugoslawischen Regierung. Dem engsten Führungskreis des serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic gehörte er nie an. Erst nach dessen Ermordung im März 2003 schlug Tadics große Stunde; Tadic wurde Verteidigungsminister des Staatenbundes Serbien-Montenegro, hatte hohe Popularitätswerte und wurde Spitzenkandidat der DS bei den vorgezogenen Parlamentswahlen. Tadic gelang es, die krisengeschüttelte DS vor dem politischen Absturz zu bewahren, obwohl die Partei in die Opposition gehen musste und Vojislav Kostunica Ministerpräsident wurde. Im Februar 2004 übernahm Tadic auch das Amt des Parteivorsitzenden. Im Juni 2004 wurde Tadic schließlich zum Präsidenten Serbiens gewählt; im zweiten Wahlgang siegte er mit 50,16 Prozent über Tomislav Nikolic, der knapp 48 Prozent erreichte. Dieses Duell konnte Tadic auch gestern für sich entscheiden.
Politisch hat Tadic seine Partei zweifellos weit nationalistischer positioniert als das unter Zoran Djindjic der Fall war. Tadic versuchte damit, vor allem nationalkonservative Wähler anzusprechen, die pro-europäisch orientiert sind und zum Wählerpotential von Vojislav Kostunica gehören. Mit Kostunica schloss Tadic viele politische Kompromisse, für radikalere Reformer in seiner Partei zu viele. Das führte zur Abspaltung und zur Gründung der Liberalen Partei, die aus vielen ehemaligen Mitgliedern der DS besteht.
Der großgewachsene, grauhaarige Tadic gilt als eitel und soll gut auf das weibliche Geschlecht wirken. Volksnähe ist seine Sache nicht; außer in Zeiten von Wahlkämpfen ist Tadic kaum in der Bevölkerung zu sehen. So manche seiner Anhänger werfen ihm auch vor, in seiner Partei keine qualifizierten Führungskader aufzubauen, die etwa als Regierungschef oder Bürgermeister von Belgrad in Frage kämen. Boris Tadic ist verheiratet und hat zwei Töchter.