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Tadic siegt knapp in der Stichwahl

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien
In Serbien hat der pro-europäische Amtsinhaber Boris Tadic die Stichwahl um das Amt des Präsidenten knapp gewonnen. Tadics Sieg bedeutet, dass Serbien grundsätzlich weiter auf EU-Kurs bleibt, selbst wenn Brüssel die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennt. Für diesen Fall forderte sein ultranationalistischer Gegenkandidat Tomislav Nikolic eine Abkehr von der EU und eine Hinwendung zu Russland. Diese Frage hat im Wahlkampf stark polarisiert und Wahl zu einer Art Referendum werden lassen. Auf Tadic entfielen gestern 50,5 Prozent oder 2,3 Millionen Stimmen, Nikolic erreichte knapp 48 Prozent oder 2,1 Millionen. Das Ergebnis fiel so knapp aus wie von Meinungsforschern erwartet. Ausschlaggebend für Boris Tadic war zweifellos die sehr hohe Wahlbeteiligung von knapp unter 70 Prozent. Tadic gelang es, die Masse der Wähler anderer pro-europäischer Parteien für sich zu mobilisieren. Hinzu kamen die Minderheiten, aber auch jüngere und besser situierte Bürger stimmten für Tadic. Sein großer Trumpf dürfte die klare außenpolitische Perspektive einer EU-Integration gewesen sein, die er im Wahlkampf vermitteln konnte.

Diese Perspektive siegte jedoch weniger über die immer schwächer werdende Angst vor den Ultranationalisten, die Tadic im Wahlkampf mit dem Hinweis auf die 90iger Jahre zu schüren versuchte. Vielmehr siegte Tadic über eine Wahlkampfstrategie, die die Präsidentenwahl zu einer Abstimmung über siebe Jahre Reformen in Serbien machen wollte. Mit dieser Strategie erreichte der Ultranationalist Tomislav Nikolic immerhin das beste Ergebnis, das seine Radikale Partei bisher je erzielen konnte. Auch das ist ein Indiz dafür, wie polarisiert die serbische Wählerschaft ist. Ohne Befriedung wird jedoch eine dauerhafte politische Stabilität in Serbien nicht erreichbar sein. Dessen sind sich beide Lager bewusst, die noch in der Wahlnacht erste entsprechende Signale aussandten; Tadic kündigte eine Gespräch mit Nikolic an; Nikolic wiederum anerkannte seine Niederlage schnell und rief zur Ruhe auf. Nikolic hat sichtlich begonnen, die Ultranationalisten zu mäßigen und zu einer nationalkonservativen sozialen Protestpartei zu gestalten; doch dieser Transformationsprozess steht noch am Anfang, so wichtig sein Erfolg für die Stabilisierung Serbiens auch sein mag.

Doch radikale Positionen vertrat auch der nationalkonservative Ministerpräsident Vojislav Kostunica. So ist Kostunica ebenso wie Nikolic gegen jede EU-Annäherung sollte Brüssel die Unabhängigkeit des Kosovo akzeptieren. In der Regierung stellt die DS, die Partei von Boris Tadic, die Mehrheit der Minister. Nach Tadics Sieg wird sie diese Macht nun voll ausspielen wollen. Doch im Parlament könnte Kostunica mit den Ultranationalisten Verträge über eine weitere EU-Annäherung blockieren. Ob es dazu kommt, könnte sich bereits diese Woche zeigen, wenn Serbien einen politischen Vertrag unterzeichnen soll, den die EU angeboten hat. In der Regierung dürften jedenfalls EU und Kosovo weiter die Schlüsselthemen bleiben, die über den Fortbestand des Kabinetts und über die Frage entscheiden, wie viel Zeit Serbien auf dem Weg Richtung EU noch verlieren wird.

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