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Doch noch Regierung in Serbien

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Wiener Zeitung
Berichte Serbien
In Serbien haben sich die Reformparteien im letzten Moment doch noch auf die Bildung einer neuen Regierung geeinigt. Seit den Wahlen Ende Jänner wurde erfolglos verhandelt. Wäre eine Regierung bis Montag nicht zustande gekommen, hätte wieder gewählt werden müssen. Doch nun soll das serbische Parlament bereits heute mit der Debatte über die neue Regierung beginnen und möglicherweise auch abstimmen.

Wie die Kompetenzverteilung in der neuen serbischen Regierung genau aussehen wird, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Sicher ist, dass es eine Koalition aus vier Parteien sein wird. Es sind dies die pro-europäischen Partei DS und G17-Plus sowie das nationalkonservative Zwei-Parteienbündnis von Vojislav Kostunica: Kostunica bleibt Ministerpräsident und seine Partei stellt weiter den Innenminister. Doch die DS von Präsident Boris Tadic wird den Verteidigungsminister und die Mehrheit des Kabinetts stellen. Außerdem soll die DS den militärischen Geheindienst kontrollieren; die Geheimpolizei leitet künftig ein Parteiloser. Tadic wird außerdem einem Art nationalem Sicherheitsrat vorsitzen, der die Arbeit der Geheimdienste kontrollieren soll. Die genaue Zuständigkeit dieses Gremiums und seine Zusammensetzung ist noch festzulegen.

Am Kampf um die Macht-Ministerien drohte die Koalition zu scheitern. Deren Kontrolle ist wegen der Fahndung nach dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic wichtig. So hat Brüssel vor einem Jahr Gespräche mit Serbien über eine EU-Annäherung auf Eis gelegt, weil Mladic noch immer in Freiheit ist. Die Wiederaufnahme dieser Gespräche ist nun in Aussicht gestellt, so bald die neue Regierung steht. Im Gegenzug verlangt Brüssel, ernst- und glaubhafte Anstrengung von Belgrad bei der Suche nach Mladic. Dazu zählten ausdrücklich auch Änderungen an der Spitze der Sicherheitsapparate, weil Kostunicas Mannschaft offensichtlich nur wenige Neigungen zeigte, Mladic auch tatsächlich zu finden.

Die Koalitionsvereinbarung in Belgrad sieht auch vor, dass der ultranationalistische Parlamentspräsident Tomislav Nikolic abgewählt wird. Er wurde erst vor wenigen Tagen mit Hilfe von Kotunicas Partei gewählt. Diese Wahl und Nikolics offenes Eintreten für Großserbien haben EU und USA massiv kritisiert. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn sagte, Serbien habe mit der Wahl von Nikolic einen Schritt 20 Jahre zurück getan. Und die die Nummer Drei der US-Diplomatie, Nicolas Burns, beschuldigte gestern in Zagreb die Ultranationalisten für die Kriege und Kriegsverbrecher im ehemaligen Jugoslawien verantwortlich zu sein. Gleichzeitig befürwortete Burns klar die Unabhängigkeit der albanisch dominierten Provinz Kosovo. Einen entsprechenden Resolutionsentwurf haben heute USA und EU im UNO-Sicherheitsrat eingebracht. Offensichtlich gehen die USA davon aus, dass Russland die Resolution nicht durch ein Veto blockieren wird. Endgültige Klarheit darüber wird wohl erst das Gespräch von US-Außenministerin Condolesa Rice demnächst in Moskau bringen. Die USA sind jedenfalls entschlossen, die Unabhängigkeit des Kosovo durchzuziehen, selbst wenn Russland ein Veto einlegen sollte. Denn nach inoffiziellen Angaben dürfte sich China der Stimme enthalten und die große Mehrheit der nicht-ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates dürfte ebenfalls für die Unabhängigkeit des Kosovo stimmen, die von EU und NATO überwacht werden soll.

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