× Logo Mobil

Erfolgte IGH-Freispruch auf Basis fehlender Dokumente?

Zeitung
Kleine Zeitung
Berichte Serbien
Ende Februar sprach der IGH, Internationale Gerichtshof in Den Haag Serbien von dem Vorwurf frei, für den Völkermord im bosnischen Srebrenica an etwa 8.000 Bosnjaken verantwortlich zu sein. Nicht nachweisbar sei, dass Serbien den Völkermord durchgeführt oder geplant habe oder hätte verhindern können, selbst wenn es davon gewusst hätte, lautete die Begründung des IGH. Nicht ein Mal der Beihilfe wurde Serbien für schuldig gesprochen, obwohl an der Unterstützung der Armee der bosnischen Serben kein Zweifel besteht. Trotzdem wies der IGH die Klage in den Hauptpunkten ab, die Bosnien-Herzegowina eingebracht hatte.

Der gesamte Prozess dauerte 14 Jahre. Der IGH ist das höchste Gericht der UNO, eine Berufung gegen seine Urteile ist nicht möglich. Nicht zuletzt deshalb wurde der Freispruch nicht nur in Bosnien mit Enttäuschung und großer Skepsis aufgenommen. Diese Vorbehalte haben nun neue Nahrung erhalten; denn der Freispruch aus Mangel an Beweisen, soll nicht zuletzt deswegen zustande gekommen sein, weil ausgerechnet das Kriegsverbrecher Tribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag Belastungsdokumente zurückgehalten haben soll.

Diese These vertrat vor kurzem die New York Times in einem Artikel, dessen Inhalt nun von Geoffrey Nice in einem offenen Brief bestätigt wurde. Nice war der ehemalige Chefankläger im Prozess gegen Slobodan Milosevic. Seiner Darstellung nach soll die Chefanklägerin des Tribunals, Karla Del Ponte, im Mai 2003 dem damaligen jugoslawischen Außenminister Goran Svilanovic die Erlaubnis erteilt, streng geheime Dokumente teilweise unkenntlich zu machen, ehe sie dem Tribunal übergeben wurden. Außerdem hätten diese Dokumente nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Verfahren vor dem Tribunal verwendet werden dürfen.

Ohne Nice zu nennen, hat Karla Del Ponte diese Darstellung „aufs Energischte“ zurückgewiesen. Für den Schutz von Dokumenten seien die Richter zuständig, eine Vereinbarung mit Belgrad habe es nicht gegeben, unter der IGH habe die in Rede stehenden Dokumente auch gar nicht angefordert, heißt es in Del Pontes Erklärung. Nicht zurückgewiesen hat Nice’ Darstellung bisher

Goran Svilanovic, der schweigt. Sollte Nice’ Angaben richtig sein, könnte das für Serbien sehr unangenehme Folgen haben. Vor dem IGH ist noch die Klage Kroatiens gegen Serbien wegen Völkermordes anhängig. Außerdem könnte der IGH das Verfahren im Zusammenhang mit der Klage Bosniens wieder aufnehmen, sollten tatsächlich neue Beweise auftauchen.

Facebook Facebook