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Pattstellung in Serbien nach der Wahl

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Berichte Serbien
Wiener Zeitung 23012007 Pattstellung iin Serbien nach der Wahl

Bei der Parlamentswahl in Serbien haben vier reformorientierten Parteien einen klaren Sieg errungen. Stärkste Kraft dieses Lagers ist die DS, die Demokratische Partei von Staatspräsident Boris Tadic. Sie konnte ihre Stimmen verdoppeln und erzielte 23 Prozent. Hinter ihr liegt der Block von Ministerpräsident Vojislav Kostunica mit 17 Prozent. Die Fünf-Prozent-Hürde übersprangen noch Wirtschaftspartei G17-Plus, die Liberale Partei und die Milosevic-Sozialisten. Stärkste Einzelpartei wurden erneut die Ultranationalisten mit 29 Prozent.

Das Wahlergebnis hat aber nur auf dem Papier klare Verhältnisse geschaffen, denn die Aufteilung der Mandate im 250 Sitze zählenden Parlament spiegelt das komplizierte Kräfteverhältnis in Serbien nicht

wider. Klar ist nur die Position der Kräfte des alten Regimes. So bleiben die Ultranationalisten mit 81 Mandaten stärkste Fraktion, doch ebenso wie vor drei Jahren ist mit den Milosevic-Sozialisten (15 Sitze) keine absolute Mehrheit in Sicht. Demgegenüber steht die klare Mehrheit der Reformkräfte. Die DS führt dieses Lager nun mit 65 Sitzen an. 46 Sitze hat der national-konservative Wahlblock unter Führung der DSS von Vojislav Kostunica, gefolgt von der Wirtschaftspartei G17-Plus mit 19 Mandaten und den Liberalen mit 15 Sitzen. Doch die Liberalen sind bereit, die Unabhängigkeit des Kosovo zu akzeptieren; sie sind daher für Kostunica kein Partner, der die Löslösung der albanisch dominierten Provinz nicht hinnehmen will. Trotzdem hätten DS und DSS gemeinsam mit G17-Plus im Parlament die absolute Mehrheit.

Doch Tadic und Kostunica haben sehr unterschiedliche politische Prioritäten. Tadic will die rasche Annäherung an die EU, Kostunica will die Unabhängigkeit des Kosovo mit allen Mitteln verhindern.

Hinzu kommen Personalfragen. Tadic will den Auftrag zur Regierungsbildung dem Wirtschaftsexperten seiner Partei, Bozidar Djelic, erteilen. Doch auch Vojislav Kostunica erhebt diesen Anspruch. Er hat außerdem eine Zusammenarbeit mit den Ultranationalisten nicht ausgeschlossen. Sie ist jedoch wegen des massiven Widerstands von EU und USA unwahrscheinlich.

Doch das ändert nichts daran, dass die Regierungsbildung schwierig werden dürfte, gilt es nicht zuletzt Ministerposten neu zu verteilen und persönliche Animositäten zu überwinden. Dafür haben die Parteien vier Monate Zeit; verstreicht die Frist wird neuerlich gewählt. Ob es dazu kommt ist offen. Denn die Wahlen haben vor allem eine Kräfteverschiebung innerhalb des Reformlagers aber keinen entscheidenden Sieg der pro-europäischen Kräfte gebracht. Mit dem Krebsübel der politischen Instabilität und einem starken ultranationalistischen Lager wird Serbien daher auch nach der gestrigen Wahl weiter leben müssen.

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