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Kein Ehrengrab für Milosevic

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Wiener Zeitung
Berichte Serbien


Slobodan Milosevic wird in Belgrad beigesetzt werden aber kein Staatsbegräbnis erhalten. Auf diese Vorgangsweise haben sich offensichtlich Familie, Milosevics Sozialistische Partei und die Regierung geeinigt. Weitgehend einig ist man sich in Serbien auch, dass das Haager Tribunal für den Tod von Slobodan Milosevic verantwortlich ist. Diese Meinung hat nun auch Serbiens Präsident Boris Tadic geäußert. Milosevic sei eine bessere medizinische Behandlung verweigert worden, behauptet Tadic. Dagegen haben Ärzte in Den Haag erklärt, Milosevic könnte seinen Herztod im Gefängnis selbst verschuldet haben. Demnach nahm Milosevic ein Medikament ein, das die Wirkung der Mittel gegen Bluthochdruck aufgehoben hat. Möglicherweise wollte Milosevic dadurch eine Behandlung in Moskau erzwingen, ein Versuch der tödlich geendet hat.

Während somit die Spekulationen über einen Mord an Slobodan Milosevic in Serbien weiter wuchern und auch von Witwe Mira Markovic durch Interviews genährt werden, ist geklärt, dass der verstorbene Präsident nicht in der Allee der Großen am Neuen Friedhof in Belgrad beigesetzt wird. Diese Allee ist bedeutenden serbischen Persönlichkeiten vorbehalten. Schauspieler, Schriftsteller, berühmte Sportler, Kriegshelden aber auch Politiker liegen in diesem Teil als stumme Zeugen der serbischen Geschichte. Hier ruht auch der ermordete Ministerpräsident Zoran Djindjic. In der Allee der Großen sollte nach dem Willen seiner Familie und seiner Partei auch Slobodan Milosevic beerdigt werden.

Dieser Plan scheiterte nicht zuletzt daran, dass der reformorientierte Bürgermeister von Belgrad seine Zustimmung verweigerte. Denn zuständig für Ehrengräber ist die Stadt Belgrad. Trotzdem ist derzeit wahrscheinlich, dass Milosevic am Neuen Friedhof beigesetzt wird, doch aus einem Ehrengrab wird ebenso nichts wie aus einer Teilnahme einer Ehrengarde der Streitkräfte. Noch nicht klar ist der Tag des Begräbnisses. Die Leiche ist in Den Haag jedenfalls bereits freigegeben. Sie wird Sohn Marko abholen; er hat bereits für drei Tage ein Visum für die Niederlande erhalten. Marko wird am Begräbnis ebenso teilnehmen wie Witwe Mira Markovic; denn trotz zweier internationaler Haftbefehle werden beide in Belgrad nicht festgenommen werden. Mira Markovic wird beschuldigt, dem Kindermädchen ihrer Kinder illegal eine Wohnung beschafft zu haben. Sie muss nun eine Kaution stellen, darf aber aus Moskau nach Belgrad kommen. Diese Flexibilität Serbiens im Umgang mit internationalen Haftbefehlen, die man selbst ausgestellt hat, lässt jedenfalls tief blicken. Denn wie ernsthaft hat man eigentlich Mira und Mark wirklich gesucht, und wie ernsthaft sucht man wirklich nach dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic. Ende März wird man es, wissen, denn bis dahin muss Mladic ausgeliefert sein, sonst drohen Sanktionen der EU. Ob es dazu kommt ist offen; denn derzeit melden sich in Serbien vor allem Ultranationalisten und Milosevic-Anhänger zu Wort. Vom europäischen Geist eines Zoran Djindjic ist jedenfalls nicht mehr viel zu merken, der Serbien aus der Katastrophe herausführen wollte, die Slobodan Milosevic auch seinem eigenen Volk zugefügt hat, ohne von einem irdischen Richter verurteilt worden zu sein.

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