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Regierungskrise in Serbien Referendum in Montenegro bis Juni

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien
In Jugoslawien treten knapp einen Monat nach der weltweit bejubelten demokratischen Revolution zunehmend die Mühen der Transformation hervor. So ist in Serbien die aus drei Parteien bestehende Übergangsregierung vorerst gescheitert. Grund dafür ist die Weigerung der SPS, sozialistischen Partei von Slobodan Milosevic, der Ablösung des Chefs der serbischen Geheimpoli-zei, Rade Markovic, zu zustimmen. Denn Markovic zählt zu den treuesten Gefolgsleuten des gestürzten jugoslawischen Präsi-denten Milosevic. Die Allianz DOS von Vojislav Kostunica und die Serbische Erneuerungsbewegung SPO werfen Markovic vor, politische Gegner verfolgt und ermordet zu haben. Außerdem befürchten die beiden Parteien, daß Markovic und seine Mit-arbeiter im serbischen Geheimdienst massenhaft Dokumente vernichten, um ihre Taten zu vertuschen. Daher machen DOS und SPO den ursprünglich bereits vereinbarten Rücktritt des Geheimdienstchefs zur Bedingung für die weitere Mitarbeit in der serbischen Übergangsregierung. Dieser Koalition gehören neben DOS und SPO auch die SPS an. Verhandlungen diese drei Parteien scheiterten am Widerstand der Sozialisten. Darauf beschlossen DOS und SPO nicht weiter an der Arbeit der Koali-tionsregierung teilzunehmen. Die Aufgabe der serbischen Über-gangsregierung soll es sein, bis zur Wahl am 23. Dezember Re-formen einzuleiten und das Land auf den Winter vorzu-bereiten. Das vorläufige Scheitern der Regierung ändert nichts am Wahl-termin, hemmt aber den Beginn der politischen und wirtschaft-lichen Reformen in Serbien.

Während in Serbien die Regierung derzeit praktisch handlungs-unfähig ist, soll Jugoslawien ab Samstag über eine handlungs-fähige Bundesregierung verfügen. Bereits am Freitag trat in Belgrad das Bundesparlament zusammen, um sich zu konstituieren und die Vereidigung der Bundesregierung vorzubereiten. Dieser Regierung werden drei Parteien angehören; die montenegrinische Sozialistische Volkspartei stellt mit Zoran Zizic den Regier-ungschef. Doch die Schlüsselressorts werden in der Hand der Allianz DOS sein. Ebenfalls mit zwei Ministern gehört auch die kleine Serbische Volkspartei aus Montenegro dem Kabinett an. Boykottiert wird das jugoslawische Kabinett von der montene-grinische Regierungskoalition unter Präsident Milo Djukanovic. Djukanovic ist zwar bereit, mit Serbien über eine Art Union zu verhandeln, befürwortet aber die Unabhängigkeit Montenegros. Über diese Frage soll bis zum Juni kommenden Jahres ein Referendum in Montenegro stattfinden. Die Lebensdauer der Bundesregierung dürfte daher ebenfalls begrenzt sein. Ihre Hauptaufgabe wird es somit sein, die Altlasten der Ära Milosevic so weit wie möglich zu beseitigen und die inter-nationale Unterstützung für die Transformation Jugoslawiens zu organisieren. Auf dieser Grundlage sollte dann die Neuordnung der Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro durch Verhand-lungen weitgehend reibungsfrei erfolgen können.

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