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Serbien nach der Stichwahl

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien
Die Medienwelt liebt Duellsituationen. Dieser Vorliebe entspricht der Konflikt zwischen Vojislav Kostunica und Zoran Djindjic in Serbien. Kostunica trägt die Attribute reformfeind-lich und nationalistisch; Djindjic und der bei der Präsidentenwahl geschlagene Miroljub Labus gelten als Reformer und EU-orientiert. Trotzdem bedeutet Labus Niederlage keine Ab-sage Serbiens an Europa. Auch Kostunica ist für den EU-Beitritt und Djindjic entspricht in der Wahl der Mittel oft nicht dem Bild eines Demokraten reinsten Wassers. Abgesehen von Unterschieden in Lebenserfahrung, Mentalität und Funktion liegt der Hauptunterschied zwischen beiden im Begriff der Geschwindigkeit. Djindjic will Serbien so rasch wie möglich modernisieren, um verlorene Jahrzehnte aufzuholen. Kostunica ist für eine langsamere Gang-art. Vieles spricht dafür, daß nur beide gemeinsam Serbien nach Europa führen können. Das Land hat keine Zeit zu verlieren, doch wer im Denken und Handeln seinem Volk zu weit vor-auseilt, wird auch scheitern. Wirklich gefährdet wird Serbiens Weg Richtung EU nur dann, wenn beide Politiker weiter getrennte Wege gehen. Je länger der Machtkampf dauert, desto schmerzlicher werden die Reformen; je länger Kostunica das nationalistische Wählerpotential bedient, desto stärker wird der Ultranationalist Vojislav Seselj werden, dessen Erfolg im ersten Wahlgang ein Warnsignal sein sollte. Seselj lebt von seiner politischen Begabung, den Fehlern seiner Gegner und davon, daß in Serbien die Aufarbeitung der Vergangenheit noch am Anfang steht. Diesen Prozeß gilt es ebenso zu verstärken wie die Reformen, damit Serbiens Weg nach Europa unumkehrbar wird.
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