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Das vom jugoslawischen Bundesparlament in Belgrad verabschiedete Gesetz regelt nicht nur die Auslieferung, sondern auch die gesamte Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal. Trotzdem ist der Teil über die Auslieferung der wichtigste und vor allem der umstrittenste gewesen. In diesem Zusammenhang sieht das Gesetz nun ein mehrstufiges Verfahren vor. Der Antrag auf Auslieferung wird vom jugoslawischen Justizministerium an das zuständige Gericht, in der Regel an das Kreisgericht in Belgrad zugeleitet. Das Gericht kann, muß aber nicht, in der Folge die Untersuchungshaft über den Auslieferungskandidaten verhängen. Im Verfahren selbst prüft das Gericht, ob die Voraussetzungen für die Auslieferung gegeben sind. Diese Prüfung ist eine formelle und keine materielle, sprich inhaltliche. So wird untersucht, ob eine Richter des Tribunals die Anlage bestätigt hat, ob es sich um eine Straftat handelt für die das Tribunal zuständig ist und ob die Tat auch nach jugoslawischem und serbischem Recht strafbar ist. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so wird dem Auslieferungsantrag stattgegeben. Daraufhin hat der Beklagte drei Tage Zeit zu berufen. Die nächst höhere Instanz muß dann ebenfalls binnen drei Tagen darüber entscheiden, wobei ein weiteres Rechtsmittel gegen eine bestätigende Entscheidung dann nicht zulässig ist. Die Auslieferung verfügt dann das jugoslawische Justizministerium, die vom serbischen Innenministerium durchgeführt wird. Erste Auslieferungen sind daher in etwa 10 Tagen zu erwarten.

Dieses im Gesetz geregelte Verfahren wird zunächst nur auf jene etwa 20 Personen ange-wandt werden, für die das Haager Tribunal in Belgrad eine Auslieferung bereits beantragt hat. In diesem Zusammenhang ist das Gesetz ein Spezialgesetz; das war die Schlüsselbedingung des montenegrinsichen Koalitionspartners SNP für die Zustimmung zum Gesetz, die eine politische Kehrtwendung darstellt. Die SNP beugte sich nur unter massivem westlichem und serbischen Druck, will jedoch keine Verantwortung für weitere mögliche Auslieferungen übernehmen, die auch Montenegriner betreffen könnte. Diese Ausnahmeregelung ist jedoch nicht besonders wichtig, denn mit dem bevorstehenden Umbau Jugoslawiens zum Staat Serbien und Montenegro werden neue politische Verhältnisse einkehren, die eine endgültige Regelung der Beziehungen Belgrad – Den Haag erleichtern werden. Schließlich muß nur eine einschränkende Bestimmung gestrichen werden. Darüber hinaus legt das Gesetz auch fest, daß parlamentarische oder politische Immunität nicht vor Auslieferung schützt. Daher könnte theoretisch auch der serbische Präsident Milan Milutinovic schon bald in Den Haag landen. Im Gesetz verankert ist auch die Bildung eines Ausschusses, der die Häftlinge in Den Haag und deren Familien unterstützen soll.

Das Gesetz selbst ist ein wichtiger Schritt zur Entspannung der politischen Lage vor allem in Serbien. Gegner und Befürworter der Auslieferung haben unter westlichem Druck einen Kompromiß gefunden, der den Konflikt zwischen den Lagern in der Reformkoalition DOS entschärfen könnte. Juristisch gesehen zeigt das Gesetz jedoch auch, wie schwierig der Weg zum Rechtsstaat noch immer ist. Denn die Verabschiedung des Gesetzes erfolgt ohne Änderung der Verfassung Jugoslawiens und Serbiens, die eine Auslieferung untersagen. Trotzdem haben sich alle reformorientierten politischen Lager nun zu diesem Schritt entschlossen, denn im Bundesparlament verfügen die Reformer über keine Zweidrittel-mehrheit und die jugoslawische Verfassung wird demnächst bereits Geschichte sein.

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