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Belgrad: Auslieferung rückt näher

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Kleine Zeitung
Berichte Serbien
In Jugoslawien verdichten sich die Hinweise, daß es kommende Woche doch zur Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher kommen könnte. Unter massivem Druck der USA könnten sich die politischen Kräfte Serbiens aber auch der montenegrinische Koalitionspartner SNP nun doch noch auf ein Bundesgesetz einigen, das die Zusammenarbeit mit dem Tribunal und die Auslieferung regelt. Jugoslawiens Präsident Vojislav Kostunica sagte in Belgrad, alles gehe in diese Richtung. Kostunica rechnet damit, daß auch die SNP nun einer Auslieferung zustimmen wird. Zwar ist die SNP grund-sätzlich dagegen, doch ein Sturz der Regierung und Neuwahlen wären ein weit schlimmeres Übel; denn in den kommenden Wochen steht die konkrete Neugestaltung der Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro in bevor, nachdem beide Seiten Mitte März eine Grund-satzvereinbarung erzielt haben. Ein handlungsun-fähiges Bundesparlament könnte weder diese Verein-barung ratifizieren und ein Sturz der Bundesregierung könnte den zentrifugalen Kräften in Serbien und Montenegro neuen Auftrieb geben. Im Juni vergangenen Jahres hatte die serbische Führung die Auslieferung von Slobodan Milosevic auf der Grundlage eine Verord-nung vollzogen; das hatte zum Sturz der jugoslawi-schen Regierung geführt. Verhandlungen mit der SNP sollen noch diese Woche stattfinden. Ihre Mitglieder in der Bundesregierung haben sich bereits in einer Erklärung für die Auslieferung ausgesprochen, um Sanktionen der USA abzuwenden. Damit vollzog die SNP bereits eine erste Kehrtwendung, denn sie unterstützt nun den serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic. Djindjic ist für die rasche Auslieferung, will sich aus innenpolitischen Gründen jedoch nicht das Image eines willfährigen Erfüllungsgehilfen der USA aufdrängen lassen. Unbestätigte Gerüchte in Bel-grad besagen, daß Djindjic am Montag nach Washington kommen soll, um mit der US-Führung über diese Frage zu sprechen und auch den Druck auf seinen politischen Widersacher Kostunica zu erhöhen.

Kostunica selbst gab nun an, das Bundesparlament könnte schon am Mittwoch das Gesetz zum Haager Tribunal beschließen; die Auslieferung könnte dann unmittelbar darauf erfolgen. Mit dem Gesetz könnte Kostunica auch sein Gesicht waren, denn er hat Aus-lieferung ohne gesetzliche Grundlage stets abgelehnt Sollten am Mittwoch tatsächlich all diese Entschei-dungen fallen, könnte Jugoslawien vermeiden, daß die USA ihre Finanzhilfe aussetzen und in internationalen Finanzinstitutionen gegen die Anliegen Belgrads stim-men. Zwar ist die gesetzte Frist formell bereits am 31. März abgelaufen, doch haben die USA bisher noch keine endgültige Entscheidung getroffen.
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