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Ivica Dacic zu Wahlen im Kosovo und zur Normalisierung

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Berichte Serbien
In genau einem Monat, am 3. November, finden im Kosovo Lokalwahlen statt; Bemerkenswert daran ist, dass zum ersten Mal seit vielen Jahren die Regierung in Belgrad die Kosovo-Serben dazu drängt, an dieser Wahl teilzunehmen. Sie ist Teil der Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo, die mit der sogenannten Brüsseller Vereinbarung auf Schiene gebracht wurde. Diese Normalisierung ist entscheidend dafür, dass die EU im Jänner Beitrittsverhandlungen mit Serbien aufnimmt. Auf diesem Weg und bei den Vorbereitungen der Wahl gibt es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen beiden Seiten, wobei Belgrad auch mit dem Widerstand der Serben im Nordkosovo zu kämpfen hat, die die Wahl mehrheitlich wohl am liebsten boykottieren würden. Über all diese Probleme hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz in Belgrad mit Ministerpräsident Ivica Dacic gesprochen; hier sein Bericht:

Bei der Vorbereitung der Lokalwahlen im Kosovo gibt es zwei grundlegende Probleme. Das Eine betrifft die Zahl der wahlberechtigten Serben, das Zweite ihre Parteien. So gibt es abgesehen vom Nordkosovo in anderen Gemeinden Serben-Parteien, die mit der albanischen Führung zusammenarbeiten und wohl auch von ihr kontrolliert werden. Anderseits hat Belgrad eine Bewegung mit der Bezeichnung „Serbische Liste“ aufgestellt; außerdem ist Belgrad bestrebt, dass Kosovo-Serben, die in Serbien leben, in größtmöglicher Zahl als Wähler akzeptiert werden. Dabei wirft Ministerpräsident Ivica Dacic dem Kosovo jedenfalls mangelnde Transparenz und Manipulationsversuche vor; Ivica Dacic:

„Die serbische Liste hat keine Mitglieder in der Wahlkommission und keinen Einblick in die Vorbereitungen für die Wahl. Damit stellt sich auch die Frage der Anmeldungen der Wähler, die sich nicht im Kosovo aufhalten. Einer großen Zahl dieser Wähler wurde die Aufnahme in die Wählerlisten verweigert; doch wir beharren auf die völlige Umsetzung der Brüsseler Vereinbarung.“

Der Kosovo weist diese Vorwürfe zurück und beschuldigt seinerseits Belgrad zu versuchen, die Zahl der Wahlberechtigten durch Fälschungen von Registrierungslisten erhöhen zu wollen. Außerdem hat die Führung des Kosovo Ivica Dacic und anderen Politikern aus Serbien verboten, Wahlkampfkundgebungen im Kosovo abzuhalten. Dazu sagt Ivica Dacic:

„Das ist ein skandalöser Beschluss; schließlich habe ich die Vereinbarung von Brüssel parafiert. Wenn man mir verbietet, im Kosovo für die Teilnahme der Serben an der Wahl zu werben, stellt sich die Frage, wozu diese Vereinbarung überhaupt gut ist. Ich fordere von Brüssel, dass diese Vereinbarung eingehalten wird; ansonsten sehe ich keinen Sinn im Dialog, wenn ich als Regierungschef keine Möglichkeit habe, am Wahlkampf teilzunehmen; denn diese Wahl ist sehr wichtig für die Umsetzung dieser Vereinbarung, für die auch wir verantwortlich sind. Daher ist das Verbot skandalös und es entspricht auch nicht dem Streben nach einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina.“

Zweifellos will Dacic durch Wahlkampfauftritte erreichen, dass die „Serbische Liste“ im ganzen Kosovo zur dominanten Kraft und die anderen serbischen Parteien marginalisiert werden, die mit den Albanern zusammenarbeiten. Genau umgekehrt liegen die Interessen der albanischen Führung. Einen Kompromiss wird wohl die EU zu finden haben, unter deren Federführung Belgrad und Pristina nach wie vor über die Normalisierung der Beziehungen verhandeln. Zur Rolle der EU sagt Ivica Dacic:

„Catherin Ashdown war objektiv im Rahmen der Grenzen, die in den Jahren vor unserer Amtszeit gezogen wurden. Wichtig ist, dass uns niemand dazu veranlassen wollte, unsere Haltung zu ändern, was die Nichtanerkennung des Kosovo als Staat betrifft. Daher erwarte ich, dass Brüssel auf die Umsetzung der Verpflichtungen besteht, die Belgrad und Pristina übernommen haben.“

Doch ein Beitritt Serbiens zur EU wird ohne Anerkennung des Kosovo wohl kaum möglich sein. Die aktuelle Haltung der EU verschafft Belgrad somit eine Atempause, weil mit einem EU-Beitritt Serbiens nicht vor zehn Jahren zu rechnen ist.

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