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Drogen-Mafia im Naheverhältnis zum Innenminister

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Berichte Serbien
In Serbien wird die Regierung durch immer neue Enthüllungen über das mögliche Naheverhältnis von Ministerpräsident und Innenminister Ivica Dacic zur Drogen-Mafia erschüttert. Den Anfang machte das Eingeständnis des Sozialisten Ivica Dacic zu Wochenbeginn, privaten Umgang mit einem der großen serbischen Drogenhändler gepflogen zu haben. Dacic verteidigte sich mit dem Argument, er habe nicht gewusst, dass der Gesprächspartner kein Geschäftsmann, sondern ein gesuchter mutmaßlicher Drogenboss gewesen sei. Doch nun werden immer mehr Details bekannt, die nicht nur Dacic, sondern auch sein Kabinett und sein Innenministerium und seine Partei in Verruf bringen. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz

In Serbien zählten Darko Saric und Rodoljub Radulovic zu den Großen im Drogengeschäft. Beide sind flüchtig, beide gehörten demselben Klan an. Radulovic hatte mehrfach private Kontakte zu Innenminister Ivica Dacic; zu dessen früherem Kabinettschef soll diese Beziehung noch enger gewesen sein wobei das Verhältnis des Klans zum Innenministerium auch seine absurden Seiten gehabt haben soll. Nach Angaben serbischer Medien finanzierte der Saric-Klan sogar ein Fitnesszentrum für die Polizei. Höchst zweifelhaften Umgang soll auch Ivica Toncev pflegen oder gepflogen haben. Er ist derzeit Berater von Regierungschef Ivica Dacic für nationale Sicherheit und mitverantwortlich für die Parteifinanzen von Dacics Sozialisten. Toncevs Leben ist eng mit Wien verbunden; dort hatte er eine Immobilienfirma, deren konkrete Geschäfte im Dunkeln liegen. Nach Angaben des Wochenmagazins „NIN“ verkaufte er diese Firma 2006 an den Montenegriner Branislav Saranovic, führte die Firma aber als Geschäftsführer weiter. Saranovic wurde vor Jahren in Deutschland wegen Erpressung zu acht Jahren Haft verurteilt, konnte aber fliehen und war in Belgrad im Glückspiel aktiv. 2009 wurde er in Belgrad ermordet. Noch unklarer als Toncevs Geschäfte sind die Gründe seines politischen Aufstiegs. Sicher ist dass er mit einem politischen Lokalkaiser eng befreundet ist, der wiederum Koalitionspartner von Dacic Sozialisten ist. Alle drei sind eng mit der Sängerin Cvetlana Raznatovic, Ceca genannt, verbunden. Sie ist nicht nur wegen Veruntreuung rechtskräftig verurteilt, sondern auch die Witwe des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Arkan, der im Jänner 2000 in einem Belgrader Hotel erschossen wurde. Vielleicht waren es dieser Kontakte, die Toncev sein Parlamentsmandat einbrachten. Als Abgeordnete war er auch in der serbisch-österreichischen Freundschaftsgruppe aktiv. Doch das Mandat musste Toncev jüngst zurücklegen, weil es nach Ansicht der Belgrader Antikorruptions-Behörde mit seiner Funktion als Berater von Ministerpräsident Ivica Dacic unvereinbar war. Doch die Unvereinbarkeiten dürften noch viel tiefer gehen; daher ist der Tag möglicherweise nicht weit, an dem Dacic und Toncev darüber Auskunft geben werden müssen – wenn schon nicht den Medien, dann vielleicht Polizei und Justiz.

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