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Immer mehr illegale Migranten kommen über Serbien

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Berichte Serbien
Zwischen 2010 und 2011 ist in Österreich die Zahl an aufgegriffenen illegalen Migranten um mehr als 25 Prozent gestiegen. In absoluten Zahlen bedeutet das mehr als 22.000 Personen. Nach Schätzungen der österreichischen Polizei nutzt etwa ein Drittel dieser illegalen Migranten die Balkan-Route über Serbien, um in die EU und weiter nach Österreich zu kommen. Wie sehr diese Route genutzt wird, zeigt der Umstand, dass in dem armen Serbien im Vorjahr bereits 3.000 Personen um Asyl angesucht haben; vier Jahre zuvor waren es nur 28 Anträge. Doch bisher ist keiner dieser Migranten auch in Serbien geblieben, und der Asylantrag dient nur als Atempause bis zur Weiterreise in den goldenen Westen. Aus Serbien berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

180 Kilometer lang ist die Schengen-Außengrenze zwischen Ungarn und Serbien. Ein Viertel der Migranten versucht über die Grenzübergänge illegal in die EU einzureisen. Das bewaldete Angelände nutzt die große Mehrheit, vor allem Afghanen und Pakistani, zum illegalen Grenzübertritt. Die meisten kommen über den EU-Staat Griechenland, der noch immer große Probleme beim Schutz seiner Grenze zur Türkei hat. Die Ungarn haben an der grünen Grenze Wärmebildkameras montiert; die serbische Grenzpolizei setzt auf Patrouillen, die ebenfalls mit derartigen modernen Kameras ausgerüstet sind. 1.200 Migranten wurde bereits heuer aufgegriffen; Abschiebungen in die Heimat sind praktisch unmöglich; die Migranten erhalten bestenfalls eine Verwaltungsstrafe in Geld oder 15 Tage Arrest; dann kommt es in der Regel zum nächsten Versuch. Beschränkt sind auch die Erfolge im Kampf gegen Schlepperbanden; dazu sagt der Chef der regionalen Grenzpolizei in der Stadt Subotica Miroslav Janic:

„Was uns in den vergangenen 18 Monaten Probleme bereitet hat, ist, dass sich Afghanen und Pakistani am Menschenschmuggel beteiligt haben. Da gibt es dann keine Probleme mit der Sprache mehr. Bis 2010 kamen sie unorganisiert, das heißt, drei oder vier und leicht konnten wir sie aufgreifen. Jetzt hat sich die Organisation geändert; und es kommen große Gruppen, die in Subotica in Häusern untergebracht werden. All das organisieren ihre Staatsbürger. Einige leben schon einige Jahr, sprechen etwas Serbisch, und so ist auch die Kommunikation mit den lokalen Bewohnern viel leichter, um Unterbringung oder einen Transport zu Grenze zu finden. Doch alles beginnt bereits in Mazedonien; von dort wird bereits organisiert, wie die Leute nach Subotica kommen.“

Hinzu kommt, dass die Haftstrafen für Schlepper niedrig sind, das Angebot an Nachfolgern aber groß ist, weil enorm viel Geld im Spiel ist.

Um wie viel Geld es geht, erläutert ein 19-jähriger Afghane, der als Asylwerber seit einigen Monaten in Serbien lebt:

„Von Afghanistan nach Griechenland, dafür hat mein Onkel einem Schmuggler 6.000 Dollar bezahlt; hierher hat es dann etwa 1.000 Dollar gekostet.“

Zwei Asylzentren gibt es in Serbien. Das eine liegt im Grenzgebiet zu Bosnien und Herzegowina. 90 Personen leben derzeit hier, etwa 1.100 haben dieses Zentrum auf dem Weg nach Westen durchlaufen. Fast die Hälfte stammt aus Afghanistan; 90 Prozent sind Männer aus islamischen Ländern. Praktisch alle haben pro forma einen Asylantrag gestellt. Dazu sagt der Leiter des Asylzentrums, Robert Lesmajster:

„Das Problem besteht darin, dass die Mehrheit der Personen aus diesem Flüchtlingszentrum entflieht, ehe das Asylverfahren überhaupt abgeschlossen ist. Früher betrug die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ein bis zwei Monate; doch im vergangen Jahr ist der Aufenthalt länger geworden, vielleicht weil der weitere Weg schwerer gangbar wurde. Jetzt sind die Personen hier sicher drei bis vier Monate mindestens, doch in seltenen Fällen dauert es auch nur ein bis zwei Tage, ehe jemand wieder weg ist.“

Wie wichtig die Schmuggelroute über Serbien geworden ist, erläutert in Belgrad der Leiter des serbischen Flüchtlingskommissariats Vladimir Cucic:

„Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass die Route Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn fast jeder Fünfte nutzt, der nach Westeuropa kommt. Das ist eine Zahl, die man ständig im Blick haben muss.“

Hinzu kommt die Erkenntnis, dass die Kontrollen durch Serbien und Ungarn nur beschränkt helfen, solange etwa die EU-Außengrenzen zwischen Griechenland und der Türkei löchrig und die Lage in den Herkunftsländern der Migranten von Krieg und Armut geprägt ist.

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