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Serbien vor der Stichwahl

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Berichte Serbien
In Serbien findet morgen die Stichwahl um das Präsidentenamt statt. Die beiden Kandidaten, Amtsinhaber Boris Tadic und sein Herausforderer Tomislav Nikolic, sind alte politische Rivalen. Beiden standen einander bereits im Jänner 2008 bei der Präsidentenwahl gegenüber, die Tadic damals knapp gewann. Um Gegensatz zu vor vier Jahren führt Tadic dieses Mal bereits nach dem ersten Durchgang allerdings beträgt sein Vorsprung nur 10.000 Stimmen. Aus Belgrad berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

In Serbien herrscht seit Freitag Wahlschweigepflicht. Doch bis zum letzten Moment nutzen beide Kandidaten, Amtsinhaber Boris Tadic und sein Herausforderer Tomislav Nikolic, die Gelegenheit, unentschlossene Wähler für sich zu gewinnen. Verbreitet wurden dabei die zentralen Botschaften, die beide Kandidaten seit Wochen trommeln. „Für eine sichere Zukunft“ plakatierte etwa Boris Tadic. Angesichts einer Arbeitslosigkeit von 25 Prozent, bestand sein Wahlkampf vor allem in einer Negativ-Kampagne gegen Tomislav Nikolic. Er war vor mehr als zehn Jahren Koalitionspartner von Slobodan Milosevic. Nunmehr führt Nikolic die proeuropäische Fortschrittspartei SNS. Tadic stellte Nikolic als Wendehals dar, dessen proeuropäischer Orientierung nicht zu trauen sei; Boris Tadic:

„Der 20. Mai ist ein Tag der großen Entscheidung, an dem Serbien sich selbst und der Welt sagen wird, was das für ein Land ist, welchen Charakter es hat, welche Worte dominieren. Sind das Worte, die sich vom Guten stets ins Böse verwandeln; sind das Worte die das Klima in unserer Region zum Guten wenden, oder sind das Worte, von denen man nie weiß, wie sie enden werden.“

Tomislav Nikolic machte Tadic für die schwierige soziale Lage in Serbien verantwortlich. Außerdem warf er Tadic vor, nach wie vor auch Vorsitzender der Demokratischen Partei zu sein, die die Regierung dominiert. Das Land brauche einen Präsidenten, der für alle Serben da sei, verkündete Nikolic:

„Ich verteidige eurer Recht, dass ihr den Staatspräsidenten als euren Präsidenten bezeichnet, auch wenn er nicht eurer politischen Partei entstammt. Damit ihr ihm glauben könnt, dass er sich um euch kümmert wird wie das Eltern tun. Daher habe ich beim Parteivorstand meinen Rücktritt hinterlegt. Wenn ich siege, werdet ihr einen anderen Parteivorsitzenden haben.“

Nach Umfragen liegt Tadic vor Nikolic, der in Serbien endgültig zum ewigen politischen Zweiten werden könnte. Tadic wird von den großen Medien unterstützt, die völlig einseitig berichteten; außerdem stehen hinter Tadic meisten anderen Bewerber, die ihm ersten Wahlgang ausgeschieden sind. Der wichtigste ist Innenminister Ivica Dacic mit seinem sozialistischen Wahlbündnis. Dacic, einst Pressesprecher der Milosevic-Sozialisten, belegte in der ersten Runde der Präsidentenwahl den dritten Platz und sein Bündnis wurde bei der Parlamentswahl vor zwei Wochen dritte Kraft. Dacic will die Koalition mit Tadic fortsetzen, dessen Bündnis im Parlament nur wenige Mandate hinter Tomislav Nikolic und seiner SNS an zweiter Stelle liegt. Die SNS wird damit weiter in der Opposition bleiben müssen; auch bei der Präsidentenwahl habe Nikolic nur eine Chance, wenn die Wahlbeteiligung niedrig sei, erläutert der Meinungsforscher Srdjan Bogosavljevic:

„Die Unzufriedenen sind ziemlich entschlossen, zur Wahl zu gehen, und daher wird der Ausgang sehr von der Wahlbeteiligung abhängen. Tomislav Nikolic kann mit 1,5 Millionen Wählern rechnen, sodass eine Wahlbeteiligung unter drei Millionen zu seinem Sieg führen dürfte. Ist die Beteiligung höher hat Boris Tadic bessere Chancen. Doch bei Tadics Partei herrscht eine Siegeserwartung, und das kann sich negativ auf die Beteiligung auswirken.“

Wahlberechtigt sind 6,8 Millionen Serben. Die Wahllokale schließen um 20 Uhr, Ergebnisse sind zwei Stunden später zu erwarten.

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