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Angela Merkel auf Staatsbesuch zu Kosovo und EU

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Berichte Serbien
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist heute in Belgrad. Serbien bildet nach Kroatien den zweiten Teil ihrer ersten Balkan-Reise. Während Kroatien aber die EU-Beitrittsverhandlungen schon abgeschlossen hat, ist Belgrad noch viele Jahre von einem EU-Beitritt entfernt Die serbische Führung hofft jedoch auf die Zuerkennung des Status eine Beitrittskandidaten Dezember und auf einen konkreten Termin für den Beginn von Beitrittsverhandlungen. Der Besuch von Angela Merkel ist daher für Serbien ganz besonders wichtig, weil Deutschland eine zentrale Rolle in der EU spielt. Aus Belgrad berichtet über den Besuch unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Der Besuch von Angela Merkel in Belgrad begann mit einer ganz klaren symbolischen Geste, und zwar mit einem Treffen mit Rusica Djindjic, der Witwe des 2003 ermordeten serbischen Ministerpräsidenten. Zoran Djindjic wollte Serbien so rasch wie möglich modernisieren und an die EU heranführen. Djindjic hat lange in Deutschland gelebt, und sein Tod führte dazu, dass die Bande zwischen Belgrad und Berlin deutlich schwächer wurden. Hinzu kamen Probleme deutscher Medienkonzerne am serbischen Markt. Doch diese Zeit sei vorbei, erläutert Henri Bohnet, der das das Büro der konservativen Adenauer-Stiftung in Belgrad leitet:

"Also ich glaube auch, dass vielleicht eine Zeit lang der Balkan nicht so im Mittelpunkt der deutschen Außenpolitik stand; nun glaube ich, dass in den letzten zwei, drei Jahren wieder eine Belebung stattfindet; und man hat die Beitrittskandidaten und auch den Willen Serbiens, Beitrittskandidat zu werden; und wie man mit der Reise von Außenminister Westerwelle vor zehn Tagen gesehen hat, Deutschland sich auch konkret für die Konflikte interessiert, und sie befrieden möchte. Ich denke schon, dass die Außenpolitik den Balkan jetzt wieder sehr auf dem Radar hat, und ich glaube, das ist auch der Sinn des Besuchs von Kanzlerin Merkel, dass sie sich vor Ort überzeugen kann, wie weit Serbien auf dem Weg in die EU ist."

Angela Merkel trifft heute die gesamte serbische Staatsführung mit Präsident Boris Tadic an der Spitze. Das Programm ist sehr gedrängt, trotzdem ist allein bereits der Besuch selbst ist für Serbien schon ein Erfolg. Seine Bedeutung bewertet die konservative deutsche Abgeordnete und Balkan-Veteranin des Europäischen Parlaments, Doris Pack, so:

"Es geht eigentlich ums Atmosphärische, es geht darum zu zeigen, dass der größte Staat in der Staat der EU sich auf die Seite dieser Länder stellt in ihrem Wunsche der EU beizutreten, aber es wird natürlich auch Tacheles geredet werden. Wer Frau Merkel kennt, der weiß, dass sie nicht um den Brei herumredet; sie wird sicher ganz klar das Kosovo-Thema ansprechen, sie wird auch klar die Dinge ansprechen, die in Serbien noch lange nicht in Ordnung sind, was die Jurisprudenz angeht, insofern wird wohl gar nichts unter den Tisch fallen."

Für Serbien ist Merkels Besuch aus zwei Gründen wichtig. Deutschland ist abgesehen vom Gas- und Öllieferanten Russland bereits der wichtigste Handelspartner. Immer mehr Firmen auch des deutschen Mittelstandes kommen, und gerade in Zeiten der Krise und im Vorwahljahr braucht Serbiens Regierung ausländische Investoren. Zweitens beginnt mit Merkels Besuch Belgrads diplomatische Offensive in der EU. Ziel ist nach dem Abschluss der Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal nicht nur der Status eines Beitrittskandidaten, sondern auch ein Termin für den Beginn von Beitrittsgesprächen. Dieses zweite Ziel ist derzeit eher unrealistisch, glaubt Doris Pack; Serbien müsse seine Beziehungen zum Kosovo noch viel, viel weiter normalisieren und vor einem Beitritt den Kosovo wohl auch als Staat anerkennen. Doch das haben noch nicht ein Mal fünf EU-Staaten getan, und daher kritisiert Doris Pack nicht nur Belgrad sondern auch Brüssel:

"So kann es nicht gehen; wir haben eine Situation, dass alle Aufnahmen und all diese Dinge im außenpolitischen Bereich einstimmig gemacht werden müssen, das kann ich auch verstehen. Aber dann muss man sich daran machen, und die Länder, die bislang noch nicht zugstimmt haben, davon zu überzeugen, dass das der einzige Weg ist, um Stabilität in der Region zu haben, und um auch die Serben dazu zu bringen, diesen Schritt dann irgendwann zu gehen. Deswegen, glaube ich, haben wir als EU in der Außenpolitik gerade in dem sensiblen Feld der Balkan-Politik mal wieder nicht die Hausaufgaben gemacht."

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