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Österreichische Anwälte auf Internationalisierungskurs

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Berichte Serbien
Der Fall der Berliner Mauer und der Zusammenbruch der Sowjetunion hat der österreichischen Wirtschaft eine enorme Expansion nach Ostmittel- und Südosteuropa ermöglicht. Expandiert haben aber nicht nur Banken, Versicherungen und produzierende Unternehmen, sondern auch Rechtsanwälte und Wirtschaftstreuhänder. Führende Kanzleien im sogenannten Ostgeschäft beschäftigen bereits mehrere hundert Mitarbeiter in der gesamten Region. Mit ihrer Expansion hat sich unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz befasst und den folgenden Beitrag dazu gestaltet:

Rechtsanwälte sind Dienstleister und daher war ihr Schritt über die Grenzen kundengetrieben. Zum einen galt es expandierende Firmen aus Österreich in den neuen Märkten zu betreuen; zweitens konnten durch regionale Netzwerke Konzerne als Klienten gewonnen wären, die an Kanzleien kaum interessiert gewesen wären, die nur in Österreich vertreten waren. Präzise Zahlen über die Auslandspräsenz fehlen, weil bei den Kammern keine Meldepflicht besteht. Natürlich bestehen enorme Größenunterschiede zwischen Kanzleien: So haben von den 5.600 heimischen Kanzleien nur 11 mehr als zehn Partner. Dazu zählt die Kanzlei Lansky, Ganzger und Partner; sie hat 110 Mitarbeiter, darunter 45 Juristen wovon wiederum die Hälfte in Ost- und Südosteuropa tätig ist. Wie vielfältig die Mandate der Kanzlei sind, erläutert Gabriel Lansky bei einer Investorenkonferenz in Belgrad:

"Wir vertreten die Republik Aserbaidschan im Nagorny Karabach-Konflikt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte; das ist der größte, wesentlichste Konflikt in der Region und das wichtigste Thema der Republik Aserbaidschan. Und wir haben uns auch spezialisiert auch das sogenannte "asset tracing", also der Suche nach Geld. Es gibt Milliarden Euro, die auf der Welt verschwunden sind, die gestohlen wurden, und wo ganze Armeen von Anwaltskanzleien und Wirtschaftstreuhändern dieses Geld suchen. Und da sind wir eine führende Kanzlei, für große österreichische Unternehmen aber auch für ganz große ausländische Banken."

Diese massive Auslandspräsenz schlägt sich in der Bilanz nieder; dazu sagt Gabriel Lansky:

" Mehr als die Hälfte ist Auslandsumsatz; und von diesem Auslandsumsatz gibt es wieder drei Gruppen: das sind die österreichischen Unternehmen, die ins Ausland gehen und dort von uns vertreten werden, das sind ausländische Unternehmen, die nach Österreich hineinkommen, und das ist der rein internationale Umsatz, also Mandate, die überhaupt nichts mit Österreich zu tun haben, und der Anteil steigt ganz deutlich an."

Auch bei Wolf, Theis und Partner macht das reine Österreich-Geschäft bereits weniger als die Hälfte des Umsatzes aus. Die Kanzlei beschäftigt etwa 300 Rechtsanwälte, die in 11 Ländern auch sehr komplexe Aufgaben zu bewältigen haben. Als ein Beispiel nennt Kanzlei-Sprecher Erik Steger Infrastrukturprojekte:

"Wenn jemand einen Autobahnbau in einem dieser Länder begleitet, dann braucht das ein sehr, sehr großes Team, weil sie müssen eine Konzession mit dem Staat verhandeln, und sie müssen eine Finanzierung mit mehreren Banken verhandeln; sie müssen Eigenkapital von Fonds und ähnlichem holen, sie brauchen also eine relativ große Gruppe, an Experten, das schafft eine kleine Kanzlei gar nicht."

Profitiert haben die großen Kanzleien bei ihrer Expansion auch vom Wunsch ihrer Mandanten nach Rechtssicherheit in denen neuen Märkten. Zu den Herausforderungen zählt vielfach die Korruption. Den Umgang mit ihr beschreibt Erik Steger so:

"Korruption, das ist ein Thema, dem man in Osteuropa ebenso wie in Österreich laufend begegnet. Die Aufgabe der internationalen Kanzleien, unsere Aufgabe, ist es, dafür zu sorgen, dass unsere Kunden nicht in eine Korruptionsfalle tappen. Wer sich ein Mal korrumpiert, hat früher oder später verloren, und es wird immer wichtiger, ein Desaster, wie wir das bei Siemens erlebt haben, zu vermeiden, und es geht auch ohne."

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