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Vor erster Großdemonstration der Opposition in Belgrad

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Berichte Serbien
In Belgrad findet heute Mittag die erste Massenkundgebung der nationalkonservativen Opposition gegen die Mittlinksregierung von Staatspräsident Boris Tadic statt. Erwartet werden an die 50.000 Teilnehmer. Die Organisatoren, die stärkste Oppositionspartei SNS und ihre kleineren Verbündeten, rechnen sogar mit noch mehr Teilnehmern. Denn in Serbien steigt die Unzufriedenheit massiv an, nicht zuletzt wegen der tristen sozialen und wirtschaftlichen Lage, und die Regierung hat knapp vor der Halbzeit ihres Mandats nicht gerade viele Erfolge vorzuweisen. Über die bevorstehende Demonstration und ihre politische Bedeutung berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Die Kundgebung der nationalkonservativen Partei SNS im Zentrum von Belgrad ist ein Gradmesser für die Stimmung in Serbien. So wird die Zahl der Teilnehmer zeigen, wie sehr die Opposition nach Jahren der Lähmung in der Lage ist, Massen zu mobilisieren. Denn nach den Wahlen vor etwa zwei Jahren verloren die nationalistischen Oppositionsparteien drastisch an Bedeutung. Dazu trug insbesondere die Spaltung der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei bei. Der harte Kern blieb dem Vorsitzenden Vojislav Seselj treu, der sich vor dem Haager Tribunal wegen Kriegsverbrechen verantworten muss. Diese Gruppe verliert immer mehr Anhänger, während die gemäßigteren Kräfte unter Tomislav Nikolic immer mehr an Einfluss gewinnt. Nikolics Serbische Fortschrittspartei, die SNS, liegt in Umfragen bereits vor der stärksten Regierungspartei, der sozialdemokratischen DS unter Staatspräsident Boris Tadic. Nach Umfragen ist Nikolic zum ersten Mal auch populärer als Tadic. Nikolic bekennt sich mittlerweile zur EU, ist im Westen salonfähig geworden und setzt in Serbien vor allem auf den sozialen Protest und den Kampf gegen Korruption und Kriminalität. Die heutige Kundgebung soll dieser Politik Nachdruck verleihen und die Forderung nach raschen Neuwahlen unterstreichen. Zugute kommt Nikolic die wachsende Verarmung vieler Serben; die Arbeitslosigkeit steigt drastisch an, die Lehrer streiken und ausländische Investoren sind rar. Nach einer seriösen Umfrage sind fast zwei Drittel der Serben der Meinung, das Land bewege sich in die falsche Richtung. Die Beteiligung an der Demonstration wird heute somit auch zeigen, wie groß die Unzufriedenheit mit der Regierung zur Halbzeit ihres Mandates ist. Je mehr Menschen kommen werden, desto größer dürften die Spannungen in der Koalition werden. Kleinere Partner könnten mit der SNS zu liebäugeln beginnen, sollte ihre die Massenmobilisierung gelingen. Bei der heutigen Demonstration werden auch Tausende Polizisten im Einsatz sein. Sie sollen vor allem mögliche Ausschreitungen von Fußballrowdys verhindern, die sich unter die Massen mischen könnten. Die gut organisierten Hooligans sinnen auf Rache, weil acht von ihnen wegen des Mordes an einem französischen Fußballfan jüngst zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden sind.

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