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Resolution über Srebrenica im serbischen Parlament

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Berichte Serbien
Im Juni 1995 verübten bosnische Serben unter General Ratko Mladic das Massaker von Srebrenica. Etwa 8.000 Bosnjaken wurden binnen weniger Tage ermordet. 15 Jahre später, soll nun das serbische Parlament in Belgrad heute eine Resolution verabschieden, in der das Massaker verurteilt wird. Eingebracht hat den Text die proeuropäische Regierung von Staatspräsident Boris Tadic. Über eine derartige Resolution wurde in Serbien jahrelang gestritten; dass es heute so weit sein soll, hat nicht zuletzt mit westlichem Druck zu tun. Denn Serbien ist das letzte Land des ehemaligen Jugoslawien, dessen Parlament das Massaker noch nicht verurteilt hat. Doch die Art der geplanten Verurteilung lässt durchaus zu wünschen, berichtet aus Belgrad unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

In der Resolution verurteilt das serbische Parlament aufs schärfste das Verbrechen in Srebrenica und entschuldigt sich bei den Hinterbliebenen, dass nicht alles getan wurde, um diese Tragödie zu verhindern, wie es wörtlich im Text heißt. Aufgerufen wird zur Verhaftung von General Ratko Mladic und zur Aussöhnung im ehemaligen Jugoslawien. Gleichzeitigt wird die Erwartung ausgedrückt, dass auch die Parlamente der anderen Staaten des ehemaligen Jugoslawien die Verbrechen verurteilen werden, die an Serben begangen wurden. Das Wort Völkermord kommt im Resolutionstext nicht vor. Verwiesen wird aber auf das Urteil des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag; dieser Gerichtshof hat Srebrenica als Völkermord gewertet und Serbien dafür verurteilt, nicht genügend getan zu haben, das Massaker zu verhindern. Strikt gegen die Resolution sind die Ultranationalisten, darunter die Partei des früheren Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica. Das Wort „Völkermord“ wiederum war der Streitpunkt zwischen den proeuropäischen Parteien in Regierung und Opposition, die an sich für die Resolution sind. Bis zuletzt wurde über den Text verhandelt. Einige Parteien, darunter die mitregierenden Sozialisten, machten ihre Zustimmung davon abhängig, dass bei der nächsten Parlamentssitzung sofort auch eine Resolution verabschiedet wird, in der die Verbrechen an Serben während der Kriege verurteilt werden. Diese Sitzung soll nach Ostern stattfinden. Um die Srebrenica-Resolution wurde jahrelang und leidenschaftlich gestritten. Ihre Verabschiedung ist ein wichtiger politischer Schritt – allerdings mit geringer Wirkung in der Region. Bosnien ist in dieser Frage gespalten; den Bosnjaken geht die Resolution nicht weit genug, die bosnischen Serben lehnen sie als einseitig ab. Die Bosnjaken in Serbien sind unzufrieden, weil das Wort Völkermord im Text fehlt. Außerdem sehen sie in der Resolution zu recht etwas, dass vom Westen Serbien auf dem Weg Richtung EU aufgezwungen wurde. Ratko Mladic, der als General das Massaker zu verantworten hat, ist noch immer in Freiheit. Und in Belgrad wiederum hat auch nach mehr als fünf Jahren der Prozess gegen jene Demonstranten nicht begonnen, die im März 2004 die Moschee in Brand steckten. Diese Tat war eine Reaktion auf die Ausschreitungen albanischer Extremisten gegen die Serben im Kosovo. Auch diese Extremisten ließ die Justiz des Kosovo weitgehend unbehelligt. Nach einer Umfrage im Jahre 2006 war in Serbien gerade nur die Hälfte der Befragten überzeugt, dass sich das Massaker von Srebrenica überhaupt ereignet hat; an dieser Einstellung wird keine Resolution etwas ändern können, sondern nur eine umfassende Aufarbeitung der Vergangenheit, die bis heute in Serbien nicht begonnen hat.

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