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Der Kosovo und die Außenpolitik Serbiens

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Berichte Serbien
Zwei Jahre nach der Ausrufung der Unabhängigkeit durch die albanische Mehrheit des Kosovo leidet die Zusammenarbeit im ehemaligen Jugoslawien noch immer massiv unter Kosovo-Problem. Wo boykottiert Serbien bisher alle Treffen am Balkan, wo der Kosovo als unabhängiger Staat eingeladen ist. Nicht existent ist eine Zusammenarbeit zwischen der Polizei des Kosovo und der Polizei Serbiens; doch auch die Zusammenarbeit zwischen Serbien und der EULEX – der EU-Polizei- und Justizmission im Kosovo könnte weit besser sein. Daher wächst in der EU wächst der Druck auf Serbien, in seiner Kosovo-Politik mehr Flexibilität und Zurückhaltung zu zeigen. Über das diplomatische Tauziehen um den Kosovo zwischen Brüssel und Belgrad berichtet aus Belgrad unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Vom Kampf gegen die Organisierte Kriminalität bis zur Aussöhnung im ehemaligen Jugoslawien ist die regionale Zusammenarbeit von großer Bedeutung für die Stabilisierung des Balkan. Am schlechtesten funktioniert diese Kooperation zwischen Serbien, dem Kosovo und der EULEX, der EU-Polizei- und Justizmission im Kosovo. Die große Mehrheit der EU drängt Serbien daher immer stärker zur Flexibilität gegenüber dem Kosovo und zur Zusammenarbeit mit der albanischen Führung in Pristina. Beides sei eine Voraussetzung für die zügige EU-Annäherung Serbiens, betonte der französische Außenminister Bernhard Kouchner jüngst in Belgrad. Ob diese Botschaft auf fruchtbaren Boden fiel, wird sich am 20. März in Slowenien zeigen. Nördlich von Laibach wird eine Balkan-Konferenz stattfinden, an der Spitzenpolitiker Serbiens und des Kosovo teilnehmen sollen. Um eine diplomatische Form wird noch gerungen, denn Serbien boykottiert bisher alle Treffen, zu denen der Kosovo als unabhängiger Staat geladen ist. Optimistisch zeigt sich in Belgrad der Außenpolitik-Experte Ivan Vejvoda:

„Präsident Boris Tadic hat mehrmals davon gesprochen, dass Serbien eine flexible Position einnehmen muss; er hat auch erklärt, dass Schritte in diese Richtung in diesem Jahr möglich sind. Das sind alles Hinweise dafür, dass Serbien eine verantwortungsbewusste Rolle spielen und Teil der Lösung und nicht Hindernis sein will bei der weiteren regionalen Stabilisierung. Dazu zählt auch ein gewisses Engagement bei Gesprächen mit Pristina.“

Wie konstruktiv diese Haltung Belgrads tatsächlich ist, werden zwei Fragen zeigen. So drängt die albanische Führung in Pristina immer stärker auf die Integration des Nordens des Kosovo, wo praktisch nur Serben leben. Bisher finanziert Belgrad eine parallele serbische Verwaltung, und die Integration wird entschieden abgelehnt. Der zweite Bereich betrifft die diplomatische Front. Im Auftrag der UNO arbeitet der IHG, der Internationale Gerichtshof in Den Haag, derzeit an einem unverbindlichen Gutachten zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo. Sollte das Gutachten einigermaßen günstig für Serbien ausfallen, könnte Belgrad versucht sein, in der UNO eine Resolution zu initiieren, die neue Status-Verhandlungen fordert. Eine derartige Resolution könnte die weitere Anerkennung des Kosovo blockieren, ohne vor Ort oder bei den Staaten etwas zu ändern, die den Kosovo schon anerkannt haben. Dazu sagt Ivan Vejvoda:

„Es ist eine Illusion zu glauben, dass irgendjemand auf der Basis eines nicht bindenden Gutachtens des Internationalen Gerichtshofes seine Haltung ändert; dass etwa die USA sagen, wir haben gefehlt und verzichten auf die Anerkennung des Kosovo. Das ist einfach nicht realistisch. Doch es gibt eine Realität vor Ort; so lebt im Norden des Kosovo ein großer Teil der Serben; sie sind nicht unter der Kontrolle von Pristina, sondern unter internationaler Kontrolle wie KFOR und EULEX. Und man muss sehen, wie diese Serben ein sichereres und besseres Leben haben können. So muss man einem Modus finden, dass diese Serben nicht das Gefühl haben, Teil von etwas zu sein, was sie nicht sein wollen.“

Wie dieser Modus aussehen könnte, ist offen. Sicher ist, dass die Mehrheit der EU von Serbien fordert, den Kosovo als Thema nicht ständig hochzuspielen, und auf alle offensiven Schritte im Zusammenhang mit dem Gutachten des IGH zu verzichten. Ob die Vernunft in Belgrad siegen wird, ist unklar. Außenminister Vuk Jeremic betonte jüngst in Budapest, dass sich Serbien im Zweifel für den Kosovo und gegen die EU entscheiden würde. Diese Aussage kritisierten Unternehmer in Belgrad wörtlich als wirtschaftlichen Selbstmord, weil die Modernisierung Serbiens nur aus der EU kommen kann. Ob diese wirtschaftliche Logik auch bei Jeremic und Co obsiegt, wird mit über das Tempo der Stabilisierung des Balkan entscheiden.

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