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Milosevic erkennt Niederlage an Wehrschütz Mod

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Berichte Serbien
In der Nacht hat Slobodan Milosevic seine politische aussichtlose Lage eingesehen und seine Niederlage bei der Präsidentenwahl auch offiziell anerkannt. Damit ist in Belgrad der Weg zu einem unblutigen Machtwechsel nun endgültig frei. Neuer Präsident wird Vojislav Kostunica, der Sieger der Präsidentenwahl. Die Neuwahl des Präsidenten und damit der Machtwechsel könnten schon heute oder morgen in Belgrad erfolgen. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz:

Diese Worte des scheidenden jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic werden zweifellos in die Geschichte eingehen:

Liebe Mitbürger! In diesem Augenblick habe ich die offizielle Mitteilung erhalten, dass Vojislav Kostunica die Präsidentenwahl gewonnen hat. Diese Entscheidung hat ein Organ getroffen, das von der Verfassung her dazu berechtigt ist. Ich sehe, dass ich diesen Beschluss akzeptieren muss. Ich möchte allen danken, die mir ihr Vertrauen gezeigt und bei diesen Wahlen für mich gestimmt haben. Ich danke auch jenen, die nicht für mich gestimmt haben, denn sie haben mich von einer schweren Last der Verantwortung befreit, die ich volle zehn Jahre getragen habe. Ich beglückwünsche Vojislav Kostunica zu seinem Wahlsieg und ich wünsche allen Bürgern Jugoslawiens viel Erfolg in der kommenden Amtsperiode des neuen Präsidenten.

Milosevic bezog sich in dieser Erklärung auf den gestrigen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes. Denn dasselbe Gericht, das vor zwei Tagen denselben Wahlgang und damit den Wahlsieg Kostunicas annulliert hatte, erkannte nun dessen Sieg an, und ermöglichte damit Slobodan Milosevic, bis zu einem gewissen Punkt sein Gesicht zu wahren. So konnte Milosevic sich in seiner Anerkennung der Niederlage auf das Verfassungsgericht und damit auf eine juristische Instanz berufen, und so vielleicht vor sich selbst den Schein wahren. Wann, und ob diese Vorgangsweise bei dem Treffen des russischen Außenministers Igor Iwanow und Vojislav Kostunica vereinbart, und anschließend Milosevic von Iwanow vorgeschlagen wurde, lässt sich nicht belegen. Doch ein beträchtliches Maß an Plausibilität bleibt, ermöglichte diese Vorgangsweise doch einen friedlichen Machtwechsel in Jugoslawien. Milosevic sagte in seiner Ansprache außerdem, er wolle sich nur ein wenig erholen und um seine Familie kümmern und dann wieder in die Politik zurückkehren – ein unwahrscheinliches Szenario, denn den serbischen Sozialisten steht ein schwieriger Erneuerungsprozess bevor. Hinzu kommt die Möglichkeit, dass es in Serbien zu vorgezogenen Parlamentswahlen kommen könnte, ein Wahlgang, der die Sozialisten zweifellos noch weiter schwächen würde. Abgesehen von Milosevic traf Kostunica am späten Abend auch mit dem jugoslawischen Generalstabschef Nebojsa Pavkovic zusammen. Anschließend erklärte Kostunica in einem Fernsehinterview, die Bürger brauchten keine Angst vor einem Militäreinsatz zu haben. Die Transformation Jugoslawiens kann somit beginnen. Erster wichtiger Schritt auf diesem Weg wird die heutige Vereidigung des neuen jugoslawischen Präsidenten sein. Unterstütz werden wird dieser Transformationsprozess auch von der EU; die Aufhebung der Sanktionen soll bereits am Montag erfolgen. Ein erstes Bild über die neue Lage wird sich die EU heute ebenfalls in Belgrad machen können, denn der griechische Außenminister Papandreu kommt heute nach Belgrad. Gefeiert wurde an diesem gestrigen Tag nach der samtenen Revolution auch ein Gottesdienst. An dieser Messe in Belgrad nahmen 150.000 Serben teil Patriarch Pavle rief dabei zum Frieden und zur Versöhnung unter den Serben auf. Anschließend gehörte die Stadt wieder den Bürgern, die den Sieg über zehn Jahre Slobodan Milosevic und den Aufbruch in eine neue Zeit sowie die Rückkehr nach Europa wieder bis in die frühen Morgenstunden feierten.

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