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Serbiens langer Marsch Richtung

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Berichte Serbien
In Belgrad waren die Besuche der früheren Chefanklägerin Karla Del Ponte gefürchtet. Denn von ihren Berichten vor der UNO hing auch das Tempo der weiteren EU-Annäherung Serbiens ab. Unter Del Pontes Nachfolger Serge Brammertz hat sich das Klima deutlich entspannt; einerseits ist der Stil von Brammertz weit sachlicher und auch zurückhaltender in der Öffentlichkeit; andererseits bemüht sich nun Belgrad wirklich umfassende mit dem Tribunal in Den Haag zusammenzuarbeiten. Trotzdem sind derzeit die Perspektiven Serbiens auf eine rasche weitere EU-Annäherung alles andere als rosig, berichtet aus Belgrad unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

Der Chefankläger des Haager Tribunals, Serge Brammertz dürfte in seinem Bericht an die UNO Mitte Dezember keine klare Bewertung darüber vornehmen, in welchem Ausmaß Serbien mit dem Haager Tribunal zusammenarbeitet. Das verlautet jedenfalls aus seiner Umgebung und aus Kreisen von EU-Diplomaten in Belgrad. Im bisherigen Zauberwort volle Zusammenarbeit sieht Brammertz demnach eine politische Bewertung, die er nicht abgeben will. Sicher dürfte sein, dass die prowestliche Regierung nun alles tut, um die beiden letzten Flüchtigen zu finden. Doch selbst wenn das Tribunal dies bescheinigt, bringt das Belgrad Brüssel keinen Schritt näher. Grund dafür sind die Niederlande; sie wollen die Anwendung des EU-Vertrages über Stabilisierung und Assoziation erst gestatten, wenn der frühere General der bosnischen Serben, Ratko Mladic, gefasst ist. Doch es gibt noch andere Gründe für das Schneckentempo, mit dem sich Belgrad derzeit auf Brüssel zubewegt. So hat die Regierung noch nicht ein Mal den europäischen Integrationsrat gebildet, der die Arbeit der Institutionen auf dem Weg Richtung EU koordinieren soll. Auch bei der Verabschiedung von Schlüssel-Gesetzen ist Serbien säumig. Von 51 Gesetzen wurden nur neun verabschiedet; 29 Gesetze sind erst in Ausarbeitung, während sich 12 im Parlament befinden. Dort blockiert die nationalistische Opposition die Verabschiedung mit allen Mitteln. 500 Abänderungsanträge hat die Opposition eingebracht; pro Antrag stehen 15 Minuten Redezeit zur Verfügung. Doch die Regierungsmehrheit hat es bisher nicht vermocht, eine neue Geschäftsordnung zu beschließen, um den Missbrauch des Parlaments zu beschränken. Hält der Kriechgang an, wird Serbien im Jahre 2009 wohl kaum den erstrebten EU-Kandidatenstatus erhalten können oder gar ernsthaft auf dem Weg Richtung EU vorankommen selbst wenn Ratko Mladic bald gefasst werden sollte.

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