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Neue nationalistische Partei in Serbien

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Berichte Serbien
In Serbien wird heute ein weiterer Schritt zur Neuordnung des nationalistischen politischen Lagers gesetzt. So beginnt in Belgrad in diesen Minuten der Gründungskongress der SNS, der Serbischen Fortschrittspartei. Sie ist das Produkt einer Spaltung der ultranationalistischen Radikalen Partei, deren Präsident Vojislav Seselj sich vor dem Haager Tribunal wegen des Vorwurfs von Kriegsverbrechen verantworten muss. Vorsitzender der neuen Partei wird denn auch Tomislav Nikolic, der bis vor wenigen Monaten die Radikalen geführt, sich aber schließlich mit Seselj überworfen und nun seine eigene Partei gegründet hat. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz:

Anlass für den Bruch zwischen dem Ultranationalisten Vojislav Seselj und seinem Stellvertreter Tomislav Nikolic war die Haltung der Radikalen Partei zur EU. Seselj lehnt jede Annäherung ab, während Nikolic im Parlament in Belgrad für den Vertrag über Assoziation und Stabilisierung stimmen wollte, der Serbien näher an die EU heranführt. Doch die Mehrheit der knapp 80 Abgeordneten der Radikalen folgte Seseljs kompromissloser Linie während sich Nikolic und weitere 19 Mandatare abspalteten und einen eigenen Klub gründeten. Aus diesem Klub wird nun die SNS, die serbische Fortschrittspartei; ihr hat sich auch der bisherige Generalsekretär der Radikalen, Alexander Vucic angeschlossen. Vucic und Nikolic zählen in Serbien zu den beliebtesten Politikern; sie haben versucht, die Radikalen zu mäßigen und zu einer sozialen Protestpartei umzubauen. Diese Strategie führte zu ausgezeichneten Wahlergebnissen, zum Sieg reichte es jedoch nie, weil Seseljs radikale Erblast zu schwer wog, den von Den Haag aus in entscheidenden Augenblicken stets eingriff. Die SNS ist nun diese Bürde los; in Serbien kämpft sie nach wie vor mit den Radikalen um jeden Funktionär und jede Sektion. Zwar ist auch die SNS kompromisslos gegen die Unabhängigkeit des Kosovo, doch einer EU-Annäherung steht sie offener gegenüber. So sind zum Gründungskongress auch die Botschafter der EU und der USA eingeladen. Nikolic sieht Serbien als Brücke zwischen Ost und West mit einer engen Anbindung an Russland. Mit seiner neuen Partei schwächt Nikolic nicht nur die Radikalen; vielmehr bildet er auch eine Bedrohung für das nationalkonservative Zweiparteienbündnis des früheren Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica. Ein erster Test für das Kräfteverhältnis im nationalistischen Lager werden die Wiederholung von Lokalwahlen in vier Gemeinden sein, die Anfang November stattfinden.

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