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Licht- und Schattenseiten des Wirtschaftsstandortes Serbien

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Berichte Serbien
Mit knapp zwei Milliarden Euro zählt Österreich in Serbien zu den größten ausländischen Investoren. Etwa 300 heimische Firmen sind in diesem Kernland des ehemaligen Jugoslawien vertreten, das nach dem Sturz von Slobodan Milosevic vor acht Jahren nun immer näher an die EU heranrückt. Groß ist der Nachholbedarf in Serbien auch in allen Bereichen der Infrastruktur. Durch Privatisierungserlöse sowie durch günstige Kredite von Weltbank sowie EBRD und EIB möchte Serbien in den kommenden vier Jahren etwa fünf Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren. An diesen Aufträgen sind natürlich auch österreichische Firmen interessiert; sie haben dabei aber durchaus auch zwiespältige Erfahrungen gemacht, berichtet aus Belgrad unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

Herzstück des Infrastrukturausbaus soll der Korridor 10 sein; er führt von Ungarn über Belgrad Richtung Griechenland und Bulgarien. Doch die Autobahn vom ungarischen Grenzübergang nach Belgrad ist trotz einfachen Geländes noch immer nicht ausgebaut; de facto gescheitert ist eine Art Konzessionsmodell an dem österreichische Firmen beteiligt waren. Zum Zug gekommen sind Österreicher jedoch beim Bau der ersten neuen Brücke in Belgrad seit Jahrzehnten; sie soll eine spürbare Verkehrsentlastung bringen, hat doch Belgrad noch immer keine Umfahrung. Dagegen hat Belgrad den einzigen einigermaßen akzeptablen Flughafen in Serbien, dessen Allwettertauglichkeit bislang nicht gegeben war. Bei Nebel bedeutet das oft stundenlange Wartezeiten, weil der gelegentlich benutzte Ausweichflughafen der 300 Kilometer entfernten Stadt Nis bisher vor sich hin schlummert. Nis ist mit mehr als 200.000 Bewohnern die drittgrößte Stadt Serbiens, doch der Flughafen beförderte im Vorjahr nur 30.000 Passagiere. Doch mittelfristig wird Nis wieder ein wichtiger Kontenpunkt werden. Daher baut die österreichische Firma Eyemaxx nun am Flughafengelände Logistikzentrum. Zunächst sollen 60 Millionen Euro investiert und 500 Mitarbeiter beschäftigt werden. Die Standortwahl begründet Firmenchef Michael Müller so:

„Es ist das Autobahndreieck einerseits Richtung Griechenland, andererseits Richtung Bulgarien. Es ist daher logistisch gesehen wahrscheinlich einer der besten Standorte am ganzen Balkan.“

Über das Projekt in Nis verhandelte Müller mit dem Flughafen einige Monate; dagegen dauerte sein Kampf um die Umwidmung von 51 Hektar gekauftem Brachland in der Gemeinde Stara Pazova wenige Kilometer nördlich von Belgrad bereits zwei Jahre. Dort will Müller in ein zweites Logistikzentrum 300 Millionen Euro investieren. 500 Serben könnten bereits arbeiten, doch trotz wechselnder Mehrheiten in der Gemeindestube und trotz einer Arbeitslosenrate von 18 Prozent haben es die Lokalpolitiker bisher nicht eilig. Grund dürfte sein, dass der Österreicher bisher nicht bereit war, Schmiergeld zu zahlen. Dazu sagt Michael Müller:

„Wir sind hier mit derartigen Forderungen leider konfrontiert; und wir sind absolut nicht bereit, diese hier möglicherweise gültigen Usancen zu berücksichtigen. Ich muss sagen, es ist ein absoluter Skandal, und wir werden hier mit der serbischen Regierung auch ganz deutliche Worte sprechen.“

Diese Möglichkeit besteht bereits heute; denn Müller ist Teil einer Delegation unter Führung von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, die in Belgrad mit der serbischen Führung zusammentreffen wird. Dabei wird es auch um den Schutz österreichischer Investitionen gehen; festzustellen ist aber, dass Korruption und Bürokratie nicht nur in Serbien bestehen, dass trotz aller großen Probleme ein vielversprechender Markt auch für Firmen aus Österreich ist.

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