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Bramerc in Belgrad auf Erkundungsmission

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Berichte Serbien
Polizei und Geheimdienste in Serbien haben derzeit keine Heiße Spur auf der Suche nach dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic. Das hat in Belgrad Rasim Ljajic mitgeteilt, der die Suche nach Mladic koordiniert. Mladic ist einer von zwei Gesuchten, die Serbien noch nicht an das Haager Tribunal ausgeliefert hat. Dessen Chefankläger, Serge Bramerc ist derzeit in Belgrad, um sich selbst ein Bild über die Fahndung zu machen. Seine Einschätzung wird auch eine wichtige Entscheidungshilfe für die EU sein, die in vier Tagen neuerlich darüber beraten wird, ob der Annäherungsvertrag mit Serbien in Kraft gesetzt w3ird oder nicht. Über die Lage in Serbien und seinen Weg Richtung EU berichtet aus Belgrad unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Die Aussichten auf die Verhaftung von Ratko Mladic, bezeichnete der Chefankläger des Tribunals, Serge Bramerc, als Schlüssel für die umfassende Kooperation Serbiens mit dem Tribunal. Dass dieses Ziel in absehbarer Zeit erreicht werden kann, kommentierte Bramerc wörtlich mit vorsichtigem Optimismus. Beträchtliche Fortschritte sieht er jedoch bei der Öffnung von serbischen Archiven und bei der Überlassung von Dokumenten. Ob all das für eine umfassend positive Bewertung reichen wird, ist offen. Seit der Auslieferung des ehemaligen bosnischen Serben-Führers Radovan Karadzic, sind in der EU nur mehr die Niederlande strikt dagegen, dass das Abkommen über Stabilisierung und Assoziation von Brüssel auch umgesetzt wird. Belgrad jedenfalls hat dieses Abkommen vor zwei Tagen ratifiziert. Im Parlament stimmten 140 der 250 Abgeordneten dafür. Nach der Auslieferung von Karadzic hat somit die proeuropäische Regierung unter Einschluss der ehemaligen Milosevic-Sozialisten ihre zweite große Bewährungsprobe bestanden. Zugunsten der proeuropäischen Kräfte wirkt sich auch der Umstand aus, dass die nationalistische Opposition orientierungslos und gespalten ist. Bestes Beispiel dafür ist die Serbische Radikale Partei, deren Führer Vojislav Seselj wegen des Vorwurfs der Kriegsverbrechen seit fünf Jahren in Den Haag sitzt. Die Radikalen waren mit 78 Sitzen im Parlament gleich stark wie der stärkste proeuropäische Block. Nun haben sich unter Führung des stellevertretenden Vorsitzenden Tomislav Nikolic 18 Abgeordnete abgespalten und einen eigenen Klub gegründet. Seinen Bruch mit Vojislav Seselj begründet dessen langjähriger Weggefährte Tomislav Nikolic so:

„So habe ich ganz Serbien erklärt, dass wir für den Vertrag über die EU-Annäherung stimmen, wenn die Regierung unseren Zusatzantrag annimmt. Nachdem ich all das gesagt hatte, erführ ich 15 Minuten später von einer neuen Anordnung des Parteivorsitzenden, dass wir nun nicht dafür stimmen. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Eine derartige Demütigung konnte ich nicht mehr hinnehmen.“

Der Konflikt zwischen Nikolic und Seselj schwelt bereits einige Jahre. Nikolic mäßigte die Rhetorik seiner Partei, die er zu einer sozialen Protestpartei transformierte und dadurch die besten Ergebnisse in der Geschichte der Radikalen erzielte. Doch an die Macht kamen die Radikalen nicht; denn das ultranationalistische Erbe wiegt schwer, und von Den Haag aus blockierte Seselj stets die Umwandlung der Radikalen zu einer nationalkonservativen Partei nach dem Muster der kroatischen HDZ. Ob Nikolic nun mit seinen Parteigängern eine derartige Partei bilden kann, die auch für den proeuropäischen Block ein möglicher Partner sein kann, ist offen. Sicher ist, dass die Opposition nun massiv geschwächt ist und die Regierung noch bessere Chancen hat, Serbien an die EU heranzuführen. Scheitern kann dieses Projekt nicht an der Opposition, sondern nur an der Regierung selbst.

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