Heiliger Synod entmachtet Patriarch Pavle

In Serbien hat der der Heilige Synod den 93-jährigen Patriarchen Pavle praktisch entmachtet. Das ist ein Ergebnis der Bischofskonferenz, die in der Vorwoche in Belgrad stattgefunden hat. Grund für die Entmachtung des Patriarchen ist seine Altersschwäche; sie hindert ihn seit Monaten an der Amtsführung. Geprägt war der Heilige Synod aber auch von Spannungen zwischen Dogmatikern und gemäßigten Bischöfen; aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz:

Seit mehr als sechs Monaten liegt der 93-jaährige Patriarch Pavle in einem Belgrader Krankenhaus. Nach Angaben der Ärzte ist er jedoch bei klarem Verstand und kann kommunizieren. Das zeigt Pavle auch dadurch, dass er sich gegenüber Bischöfen weigerte, auf sein Amt zu verzichten; er sei auf Lebenszeit gewählt, lautete Pavles Begründung. Die Neuwahl eines Patriarchen musste daher unterbleiben, weil sie abgesehen vom Tod nur bei dauernder Amtsunfähigkeit möglich ist. Daher beschloss der Heilige Synod, alle Aufgaben des Patriarchen als Kollektivorgan zu übernehmen. Das gilt jedoch nicht für die Ernennung von Bischöfen, die dem Patriarchen vorbehalten sind. Um Pavles Nachfolge wird hinter den Kulissen bereits heftig gerungen; ein Zeichen dafür ist, dass sich der Heilige Synod zunächst nicht auf einen Vorsitzenden einigen konnte. Schließlich übernahm diese Aufgabe Bischof Amfilohije aus Montenegro. Er wurde bereits Ende des Vorjahres zum Patriarchenverweser gewählt; Amfilohije ist Führer der erzkonservativen Strömung unter den Bischöfen und einer der Kandidaten für das Amt des neuen Patriarchen. Die Gemäßigten favorisieren dagegen Jovan, den Bischof von Agram und Laibach. Die Wahl des Patriarchen ist nun für Herbst geplant; sie ist jedoch für alle Favoriten mit großer Unsicherheit behaftet. Nach der serbischen Kirchenordnung wird der neue Patriarch aus einem Dreiervorschlag gelost; auf diese Weise kam es 1990 auch zur Wahl des Außenseiters Pavle; er löste damals den schwer erkrankten und daher amtsunfähigen Patriarchen German ab.