Nationalist soll Bürgermeister von Belgrad werden
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Berichte Serbien
Der Kampf um Belgrad war nach der Parlamentswahl die zweitwichtigste Wahl in Serbien. Belgrad zählt zwei Millionen Einwohner, und damit ein Viertel der gesamten Bevölkerung. Das Budget umfasst 900 Millionen Euro, das entspricht einem Achtel des Budgets der Republik Serbien. Bei der Lokalwahl errang der proeuropäische Block in der 110 Sitze zählenden Stadtversammlung mit 45 Mandaten die relative Mehrheit. Platz zwei belegte die nationalistische Radikale Partei mit 40 Sitzen. Gemeinsam mit den Nationalkonservativen von Ministerpräsident Vojislav Kostunica und den Milosevic-Sozialisten haben die Radikalen 58 Sitze und damit die absolute Mehrheit. Diese Koalition wurde gestern besiegelt, und der Kandidat der Radikalen, der 38-jährige Aleksandar Vucic soll nun Bürgermeister werden. Im Wahlkampf setzte er auf den Kampf gegen Korruption und forderte eine rasche Verbesserung der Infrastruktur, hat doch ein Drittel von Belgrad noch keine Kanalisation, und der Stadt fehlt noch immer eine Umfahrung. Vucic erlangte in der Endphase der Ära Milosevic als serbischer Informationsminister traurige Berühmtheit. Auf seine Initiative hin kam es zu einem Mediengesetz, das kritische Medien mit extrem hohen Geldstrafen gefügig machen sollte. Vucic ist aber auch ein exzellenter Organisator und war der Manager aller großen Wahlkämpfe der Radikalen. Ihre Stärke in Belgrad hängt mit dem überdimensionierten Gemeindegebiet zusammen. Es ist acht Mal größer als Wien und umfasst zehn städtische und sieben ländliche Bezirke, die vom Zentrum etwa soweit entfernt sind wie Baden von Wien. Vor allem die ländlichen Bezirke sind das große Potential der Radikalen, die gemeinsam mit Nationalkonservativen und Milosevic-Sozialisten nun in 11 von 17 Bezirken eine Mehrheit haben. Alle drei Parteien haben für den frühen Nachmittag zu einer gemeinsamen Pressekonferenz geladen, bei der wohl Einzelheiten der Koalitionsvereinbarung bekannt gegeben werden sollen. Möglich ist, dass diese Koalition in Belgrad das Vorspiel für eine derartige Koalition für Serbien ist; die Verhandlungen sollen bereits weit fortgeschritten sein; scheitern könnten sie allerdings noch an den Sozialisten, die dem sicherlich massiven Druck aus der EU vielleicht doch noch erliegen könnten. Die Sozialisten sind das Zünglein an der Waage, und ohne sie ist eine stabile Mehrheit weder in Belgrad noch in Serbien unmöglich.