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Reaktionen, Medien, und das SAA zwischen der EU und Serbien

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Berichte Serbien
Nach monatelangem Tauziehen hat die EU gestern mit Serbien den Vertrag über Stabilisierung und Assoziation unterzeichnet. Acht Jahre nach dem Sturz von Slobodan Milosevic bestehen somit seit gestern zum ersten Mal vertragliche Beziehungen zwischen Belgrad und Brüssel. Anwendung und Ratifizierung des Vertrages werden jedoch erst erfolgen, wenn Serbien völlig mit dem Haager Tribunal kooperiert. Das war die Bedingung der Niederlande, die lange gegen die Unterzeichnung waren. Doch nicht nur in der EU auch in Serbien ist die Unterzeichnung höchst umstritten. Grund dafür ist, dass die Mehrheit der EU die Unabhängigkeit des albanisch dominierten Kosovo anerkannt hat. Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern des EU-Kurses führte im März zum Sturz der Regierung in Belgrad und zu vorgezogenen Parlamentswahlen. Welche Rolle die Unterzeichnung des Vertrages mit der EU im Wahlkampf spielt, darüber berichtet aus Belgrad Christian Wehrschütz:

In allen Nachrichten der serbischen TV-Sender war gestern die Unterzeichnung des Vertrages über Stabilisierung und Assoziation der Aufmacher. Vier Stationen übertrugen die Unterzeichnung gestern Nachmittag direkt. Die massive Berichterstattung setzte bereits am späten Vormittag ein. Alle möglichen Analytiker, Politologen und Politiker kamen zu Wort. Erörtert wurde der Nutzen des Vertrages für Serbien und die Frage, ob Serbien mit der Unterzeichnung indirekt die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennt. Diese Ansicht vertritt der nationalkonservative Ministerpräsident Vojislav Kostunica:

„Von den 27 Mitgliedern der EU haben 18 Länder die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt. Damit haben sie praktisch die Schutzklausel im Vertrag über Stabilisierung und Assoziation für nichtig erklärt; für sie besteht dieser Artikel des Vertrages nicht mehr. Das betrifft somit die Festlegung, dass Serbien ein Staat ist, dessen Grenzen der UNO-Resolution 1244 entsprechen, das heißt, inklusive Kosovo, in dem eine internationale UNO-Verwaltung besteht.“

Für Kostunica ist die Unterzeichnung daher illegal, das neue Parlament werde sie für nichtig erklären. Einer seiner Bündnispartner bezeichnete die serbischen Unterzeichner sogar als Verräter. Völlig konträr waren die Stellungnahmen der prowestlichen Politiker, die die EU wochenlang um dieses politische Signal vor der Wahl ersucht hatten:

„Neun Länder der EU haben die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkannt. Dazu zählt Rumänien, dessen Präsident hierher kam und sagte, unterzeichnet den Vertrag, das ist gut für euch. Wie können diese Länder weitere unsere Lobbyisten in der EU sein, damit wir um den Kosovo kämpfen können, wenn wir das nicht beherzigen, was sie sagen. Der Vertrag ist kein Papier, mit dem man wacheln kann, das ist wirklich eine konkrete Sache für neue Investitionen in diesem Land; das bedeutet neue Arbeitsplätze, und höhere Gehälter, auf die wir schon viele Jahre warten.“

Welche Position sich schließlich durchsetzt, werden erst die Wahlen Mitte Mai zeigen; bisher stand es nach Umfragen Spitz auf Knopf zwischen Befürwortern und Gegnern der EU. Die Propagandaschlacht geht somit weiter, auch in den heutigen Ausgaben der Zeitungen. Mit ganzseitigen Inseraten warben die Befürworter und die EU-Kommission für die Wohltaten aus Brüssel. Die Zeitungen selbst schwankten; die einen sahen Serbien einen Schritt näher an der EU, andere titelten: „Patriotismus oder Verrat“ mit Fragezeichen. Auf den Punkt brachte es die „Politika“, das mediale Flaggschiff der Nationalkonservative: „Vertrag mit der EU unterschrieben, Serbien geteilt“ lautete die Schlagzeile. .

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