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Serbische Haltung zur EU-Annäherung

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Berichte Serbien
In Serbien findet am Sonntag die Stichwahl um das Amt des Präsidenten statt. Erwartet wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem pro-europäischen Amtsinhaber Boris Tadic und dem Ultranationalisten Tomislav Nikolic. Nikolic ist gegen jede weitere EU-Annäherung sollte die EU die Unabhängigkeit des Kosovo akzeptieren. Um Tadic zu unterstützen haben die EU-Außenminister gestern bei ihrem Treffen in Brüssel einen Kooperationsvertrag angeboten. Es soll die Bereiche Visa-Erleichterungen, Freihandel und Ausbildung umfassen. Das Abkommen ist ein Ersatz für den Vertrag über Stabilisation und Assoziation. Die Unterschrift unter diesen Vertrag konnte die EU Serbien nicht anbieten, weil die Niederlande ihr Veto einlegten. Sie beharren auf der vollen Zusammenarbeit Belgrads mit dem Haager Tribunal, sprich auf der Verhaftung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladic. Doch wie hat nun Serbien auf dieses neue Angebot der EU reagiert, und wäre Belgrad überhaupt bereit, den Vertrag über Stabilisierung und Assoziation zu akzeptieren. Dazu hat in Belgrad unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz folgenden Beitrag verfasst.

Die Reaktionen auf den Vorschlag der EU sind in Serbien eher verhalten ausgefallen. Die Medien, die Boris Tadic unterstützen, brachten das Angebot in größerer Aufmachung, Tadic selbst betonte, Serbien müsse am EU-Kurs festhalten. Sein Parteipressedienst schrieb, die EU habe Belgrad nicht zur Unterzeichnung des Vertrages über Stabilisierung- und Assoziation eingeladen, weil Brüssel Tadics Sieg abwarten wolle. Diese Behauptung ist äußerst kühn, weil Serbiens Weg Richtung EU auch dann mit einem großen Fragezeichen versehen ist, wenn Tadic gewinnen und Ratko Mladic ausgeliefert werden sollte. Grund dafür ist die Kosovo-Politik der EU, die beim nationalkonservativen Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica auf massiven Widerstand stößt. Diese Haltung formuliert Kostunicas ehemaliger Berater, der Minister für den Kosovo, Slobodan Samardjic so:

„Nachdem die EU am 14.Dezember die Mission für den Kosovo beschlossen hat, hat der Vertrag über Stabilisierung und Assoziation eine andere Bedeutung bekommen. Seine Bedeutung liegt nun darin es Serbien zu erleichtern, die Unabhängigkeit des Kosovo hinzunehmen. Da der Vertrag jedoch inzwischen eine andere Bedeutung bekommen hat, sollte er nicht unterschrieben werden, bis diese Frage geklärt ist. Das ist die Haltung eines Teils der Regierung.“

Das Haager Tribunal als Grund für die Verweigerung der Unterzeichnung ist für Samardjic nur ein Vorwand; er sei gewählt worden, weil Brüssel erkannt habe, dass der Vertrag in Belgrad nicht durchzubringen sei. Der EU wirft Samardjic vor, im Kosovo als Erfüllungsgehilfe der USA aufzutreten, die den Balkan weiter zerstückeln wolle, um die Region zu kontrollieren. Ebenso wie die USA stelle Brüssel Serbien nun vor die Wahl Kosovo oder EU. Diese Alternative sei nicht akzeptabel; gleichzeitig lässt Samardjic keinen Zweifel, wie sich Serbien in diesem Fall entscheiden sollte:

„Wenn die EU ihre Mission entsendet und die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennt, heißt das, dass die EU keine Europäische Union mehr ist. Das ist eine Union ohne ihre eigenen Werte, ohne internationale Prinzipien; das ist dann eine Schachfigur in den Händen der USA ist, die keine eigene Politik hat. Außerdem würde das bedeuten, dass die EU den Sezessionismus als Mittel zur Lösung von Minderheitenfragen akzeptiert, dass sie den Terrorismus unterstützt, denn im Kosovo gibt es terroristische Elemente. Außerdem würde die EU dann die massenhafte Verletzung von Menschenrechten unterstützen, wie das im Kosovo der Fall ist. Damit würde die EU jene belohnen, die ihre Ziele mit Gewalt durchsetzen und die Menschenrechte verletzen. Damit stellte sich die Frage, ob es überhaupt wert wäre, mit einer derartigen EU ernsthaftere Beziehungen zu haben.“

Doch noch sei diese Frage offen, und Serbien hofft weiter auf die Uneinigkeit in der EU. Slobodan Samardjic:

„Solange Serbien seine territoriale Integrität verteidigt, werden das auch einige Mitglieder der EU tun. Diese Politik hat eine große Zahl von EU-Mitgliedern beeinflusst, die darin schwanken, ob man eine Mission entsenden oder die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen sollte. Somit muss Serbien auch aus politischer Taktik seine Haltung bis zum Schluss beibehalten, und darf den Kosovo nicht für die Unterschrift unter das Abkommen über Stabilisierung und Assoziation verkaufen. Wenn Serbien das tut, hat es eine Chance, die EU von diesen schlimmsten Zügen abzuhalten.“

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