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Machtkampf in Serbien über politischen Kurs

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Berichte Serbien
In Serbien tobt ein Machtkampf zwischen Staatspräsident Boris Tadic und Ministerpräsident Vojislav Kostunica über den außenpolitischen Kurs des Landes. Davon betroffen sind grundlegende Fragen wie die die Haltung gegenüber der NATO oder die Reaktion Belgrads im Falle einer Unabhängigkeit des Kosovo. HIntergrund des Machtkampfs sind unterschiedliche Prioritäten. Für Tadic und seine Demokratische Partei ist steht die Integration Serbiens in EU und NATO im Vordergrund; für den nationalkonservativen Kostunica und seine Demokratische Partei Serbiens hat die Verhinderung der endgültigen Unabhängigkeit des Kosovo absolute Priorität. Doch bei der Auseinandersetzung geht es auch um die Macht in der serbischen Regierung, in der DS und DSS die zwei stärksten Koalitions-partner sind. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz:

In den serbischen Medien führen Ministerpräsident Vojislav Kostunica und seine Partei DSS seit Wochen eine massive Kampagne gegen die NATO. Dem westlichen Militärbündnis wird vorgeworfen, im Falle der Unabhängigkeit des Kosovo einen von der NATO dominierten Staat auf serbischem Boden schaffen zu wollen. Grundlage des Angriffs ist der Umstand, dass die NATO weiter für die Sicherheit im Kosovo zuständig sein wird; diese Rolle übt die NATO bereits seit ihrem Krieg vor acht Jahren aus, auch zum Schutz der serbischen Minderheit des Kosovo. Die Kampagne von Kostunica gipfelt nunmehr darin, dass sich seine Partei DSS in ihrem neuen Programm klar gegen einen NATO-Beitritt und für die militärische Neutralität Serbiens ausspricht. Nichts hat Kostunica jedoch gegen eine Zusammenarbeit, und dem NATO- Programm „Partnerschaft für den Frieden“, ist Serbien im Dezember beigetreten. Doch die Praxis sieht anders aus. So hat Serbien mit der NATO noch immer kein Abkommen über Dokumentensicherheit unterzeichnet, und daher kann die Zusammenarbeit noch immer nicht beginnen. Das wirkt sich vor allem auf die Reform der maroden serbischen Streitkräfte aus, die vom NATO-Programm besonders profitieren könnten. Außerdem gilt die NATO-Annäherung in der poltischen Realität in Ost- und Südosteuropa als Vorstufe für einen Beitritt zur Europäischen Union. Auch aus diesen Gründen sind Staatspräsident Boris Tadic und seine Partei DS klar für die euroatlantische Integration. Obwohl die DS die Mehrheit in der Regierung stellt, kann sie sich gegen Kostunica bisher nicht durchsetzen. Unter seinem Einfluss stehen nicht nur die meisten Medien, sondern Kostunica wird auch von den Ultranationalisten unterstützt, die stärkste politische Kraft in Serbien sind. Außerdem läuft die Amtszeit von Staatspräsident Boris Tadic mit Jahresende aus. Denn Serbien hat seit dem Vorjahr eine neue Verfassung; sie sieht vor, dass die Wahl des Präsidenten bis 31. Dezember ausgeschrieben wird; gleichzeitig schreibt die Verfassung vor, dass vor der Wahl die wichtigsten Gesetze für ihre Durchführung verabschiedet werden. Das ist bisher nicht geschehen; daher streiten DS und DSS darüber, wann die Wahl stattzufinden hat. Kostunica ist auch mit dem Hinweis auf den Kosovo für ihre Verschiebung, Tadic ist für ihre Durchführung; er will vermeiden, dass die Wahl nach der Festlegung des Status des Kosovo erfolgt, um die Chancen der Ultranationalisten zu verringern. Doch eine juristische Instanz zur Interpretation der Verfassung fehlt; der Verfassungsgerichtshof ist mangels Richter seit einem Jahr nicht handlungsfähig, und eine neue Wahlkommission ist auch noch nicht bestellt. Somit lähmt die politische Instabilität wieder ein Mal die Reformen und alles starrt in Serbien wie gebannt auf den Kosovo. Dessen Status konnte jedoch bisher nicht gelöst werden, weil die EU zu keiner klaren Linie findet und dadurch die politische Paralyse noch verstärkt, die in Serbien seit mehr als einem Jahr bereits herrscht.

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