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Vor Urteil im Mordfall Zoran Djindjic

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Berichte Serbien
In Belgrad wird heute Mittag das Urteil im Mordfall Zoran Djindjic verkündet. Der serbische Ministerpräsident wurde im März 2003 vor dem Eingang des Regierungsgebäudes von einem Scharfschützen erschossen, sein Leibwächter wurde schwer verletzt. Angeklagt wegen des Attentats sind12 Personen, von denen fünf Personen noch immer flüchtig sind; einer der Angeklagten erhielt im Verlauf des Verfahrens den Status eines geschützten Zeugen. Der Monsterprozess dauerte dreieinhalb Jahre. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz:

Alle 12 Angeklagten waren Angehörige der Sonder-Polizeieinheit „Rote Barette“ oder einer nach dem Belgrader Vorort Zemun benannten Mafia-Gruppe. Der mutmaßliche Schütze Zvezdan Jovanovic war stellvertretender Kommandant der Einheit, die nach dem Attentat aufgelöst wurde. Als Kopf des Attentats gilt der frühere Chef der Roten Barette Milorad Ulemek. Er wurde wegen anderer politischer Morde und Attentate bereits zu insgesamt 55 Jahren Haft verurteilt. Im Mordfall Djindjic drohen ihm und seinen Mitangeklagten jeweils bis zu 40 Jahre. Im Dunkeln liegen nach wie vor die möglichen Hintergründe des Attentats. Bis zuletzt versuchten die Anwälte der Familie Djindjic die Führung Serbiens in den Zeugenstand zu rufen. Doch das Gericht verweigerte die Vorladung von Ministerpräsident Vojislav Kostunica und der Führung des Geheimdienstes. Wie sehr Djindjics Tod Serbien zurückgeworfen hat, erläutert in Belgrad der Wirtschaftsexperte Vladimir Gligorov:

„Unter der Annahme, Zoran Djindjic wäre auch nach den nächsten Wahlen an der Regierung geblieben, wäre Serbien heute wahrscheinlich bereits EU-Beitrittskandidat und wirtschaftlich fortgeschrittener. Auch die Frage des Kosovo wäre wohl schon in dem Sinne gelöst wie das Djindjic vorgeschlagen hat. Er wollte Probleme lösen im Unterschied zu Vojislav Kostuniva, der Probleme im Grunde nicht beseitigt.“

Welche Probleme Vojislav Kostunica noch nicht beseitigt hat, zeigte auch der Mordprozess. Ein Kron- und ein Augenzeuge wurden ermordet; ein stellvertretender Ankläger wurde wegen krimineller Machenschaften in einem anderen Mafia-Prozess verhaftet. Der vorsitzende Richter trat ohne Begründung zurück; sein Bruder, ebenfalls Richter, muss sich Organisierter Kriminalität vor Gericht verantworten. Die nunmehrige vorsitzende Richterin erhielt Drohungen per SMS. Die Absendernummer gehörte dem Direktor des Gefängnisses, in dem der Hauptangeklagte Milorad Ulemek einsitzt.

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