× Logo Mobil

Korruptionsskandal im Bildungswesen in Serbien

Radio
MiJ
Berichte Serbien
In Serbien wird das Bildungswesen von einem massiven Korruptionsskandal erschüttert. An der Juridischen Fakultät der Universität von Kragujevac, 120 Kilometer südlich von Belgrad, haben Professoren mit Prüfungen und Diplomen gehandelt. Mit diesen Bestechungsgeldern finanzierten die Akademiker teure Autos, Wohnungen und kostspielige Hobbys wie den Pferdesport. In Haft sind bereits eine stellvertretende serbische Bildungsministerin und 11 Professoren der Juridischen Fakultät. Bei einem hat die Polizei 40.000 Euros beschlagnahmt, bei einem anderen Professor wurden 30.000 Euro gefunden. Aus Belgrad berichtet über den Korruptionsskandal unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Die Liste der verhafteten Akademiker liest sich wie das Who-is-Who der Jurdischen Fakultät in Kragujevac. Unter den 11 Professoren sind der Dekan, der Prodekan für Finanzen sowie jener Professor, der für den studentischen Dienst zuständig war. Insgesamt sind bereits 18 Personen in Haft, darunter Mittelsmänner, die Prüfungen und Diplome verkauft haben sollen. Verhaftet wurden auch ehemalige Studenten, die bezahlt haben. Dazu zählt auch ein Kriminalpolizist; doch die Liste der Nutznießer soll viel prominenter und länger sein, mutmaßen die Medien in Serbien. Unklar ist, wie viele der etwa 2.000 Jus-Studenten der Universität in den Skandal verwickelt sind. Nach Angaben der Polizei kosteten Zeugnisse zwischen 500 und 750 Euro, während für Diplome 12.000 bis 16.000 Euro zu bezahlen waren. Ein Uni-Professor hat in Serbien ein Grundgehalt von etwa 800 Euro Netto im Monat. Hinzu kommen Prüfungsgebühren und andere Zuwendungen. Durch Bestechung und Amtsmissbrauch konnten sich die akademischen Lehrer somit ein schönes Zubrot verdienen. Mitverdient haben dürfte auch die stellvertretende Bildungsministerin Emilija Stankovic, die mittlerweile von der Regierung entlassen wurde. Stankovic wird beschuldigt, vom Vater einer Studentin 4.000 Euro bekommen zu haben. Als Gegenleistung erhielt die Studentin Zeugnisse für die Prüfung über internationales Privatrecht sowie für zwei Deutsch-Kurse. Der Jus-Professor soll dafür 600 Euro, die Deutsch-Lektorin 200 Euro bekommen haben. Doch Emilija Stankovic soll der Studentin auch die Anerkennung von sieben Prüfungen in Kragujevac verschafft haben, die das Mädchen an den Juridischen Fakultäten in Kosovska Mitrovica und in Banja Luka niemals abgelegt hat. Während Stankovic bisher schweigt, spekulieren die serbischen Medien darüber, warum der Skandal überhaupt aufgeflogen ist. Eine Version lautet, dass sich ein älteres Semester unter den Professoren an seiner weit jüngeren akademischen Geliebten rächen wollte, die ihn wegen eines Jüngeren verlassen hatte. Die Ex-Geliebte soll eine der zentralen Figuren der Affäre sein und ist ebenfalls in Haft. Der Skandal führte dazu, dass die Lehrtätigkeit an der Juridischen Fakultät in Kragujevac für eine Woche unterbrochen werden musste. Nun sind Professoren aus Belgrad eingesprungen und auch der akademische Senat hat getagt. Beschlossen wurde ein Bündel von Maßnahmen, die Korruption künftig verhindern sollen. Sicher ist, dass Bestechungen auch an den anderen drei Universitäten in Serbien und an Schulen vorkommen. So teilte etwa das Wasserwerk von Kragujevac nach einer internen Untersuchung mit, fünf Mitarbeiter hätten über gefälschte Schulzeugnisse verfügt. Während der ohnehin schlechte Ruf der Juristen und des Justizwesens durch den Skandal nur noch schlechter wird, gelingt es Serbien anderseits nicht die Abwanderung hoch qualifizierter Jungakademiker zu stoppen. So sind von den 80 besten Studenten, die die Elektrotechnische Fakultät in Belgrad in den vergangenen drei Jahren absolviert haben, nur mehr zwei im Land. Abwanderung, Korruption sowie die mangelnde Effizienz des gesamten Bildungswesens wird Serbien jedoch in den Griff bekommen müssen, sollen die ohnehin mühsamen Reformen mittelfristig wirklich Früchte tragen können.

Facebook Facebook