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Kriegsverbrecherprozesse in Serbien

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Berichte Serbien
Im Juli hat Serbien unter dem Druck der EU einen Aktionsplan ausgearbeitet, der zur Verhaftung von General Ratko Mladic führen soll. Der ehemalige General der bosnischen Serben wird vom Haager Tribunal vor allem wegen für Massaker in Srebrenica an 7800 Bosnjaken verantwortlich gemacht. Während Mladic seit etwa 10 Jahren auf der Flucht ist, kommen in Serbien selbst zunehmend Prozesse gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher in Gang. Zuständig dafür ist ein Sondergerichtshof, der zusammen mit einer Anklagebehörde im Juli 2003 in Belgrad eingerichtet wurde. Leiter der Anklage ist der 56-jährige Vladimir Vukcevic. Mit ihm hat in Belgrad unser Balkan-Korrespondent über die Suche nach Ratko Mladic und andere Kriegsverbrecherprozesse gesprochen und folgenden Beitrag gestaltet:

Der serbische Chefankläger für Kriegsverbrechen, Vladimir Vukcevic, übt in Belgrad derzeit eine Doppelfunktion aus. So ist Vukcevic einer der beiden Koordinatoren des Aktionsplans, der zur Verhaftung von Ratko Mladic führen soll. Vukcevic hat die Ermittlungen der Behörden des Innenministeriums sowie des zivilen und militärischen Geheimdienstes zu koordinieren. Zum Stand der Fahndung verweigert der Chefankläger jede Aussage. Er räumt aber ein, dass die Stimmung in Serbien Mladics Flucht begünstigt. So ist nach Umfragen jeder dritte Serbe gegen eine Auslieferung. Dazu trägt auch das Haager Tribunal selbst bei. So wurde der ehemalige bosnjakische Kommandant Naser Oric vom Tribunal im Juni wegen Verbrechen an Serben in Srebrenica zu nur zwei Jahren Haft verurteilt. Die Anklage hatte 18 Jahre gefordert. Oric saß mehr als drei Jahre in U-Haft und wurde daher sofort freigelassen. In Serbien löste das Urteil einen Proteststurm aus, wird Oric doch für die Ermordung von mehr 3000 Serben verantwortlich gemacht. Zur Wirkung derartiger Urteile sagte der Chefankläger für Kriegsverbrechen, Vladimir Vukcevic:

„Was eine Auslieferung von Ratko Mladic betrifft, so hat sich in Serbien die öffentliche Meinung durch das Urteil gegen Naser Oric vor dem Haager Tribunal geändert. Die Zahl derer, die Mladic vor dem Oric-Urteil unterstützt haben war viel kleiner. Doch nach diesem ungerechten Urteil, mit seiner geringen Strafe für einen Kriegsverbrecher, haben die Menschen in Serbien spontan reagiert. Doch soweit ich weiß, beruhigen sich diese Gefühle wieder.“

Vukcevic selbst arbeitet eng mit Den Haag zusammen. Seine Behörde hat jüngst mit dem Tribunal einen umfangreichen Austausch von Daten vereinbart, ein Zeichen des Vertrauens, das Den Haag der serbischen Seite entgegenbringt. Das Sondergericht hat im Dezember auch den ersten Fall abgeschlossen, den das Tribunal an Serbien abgetreten hat. Für die Ermordung von 200 kroatischen Gefangenen im Jahre 1991 wurden in Belgrad 14 Serben zu insgesamt 240 Jahren Haft verurteilt. Möglich war dieses Urteil, weil es gelang, das Vertrauen von Zeugen zu erwerben. Das war ein steiniger Weg erläutert Vukcevic:

„Es herrschte großes Misstrauen und die Menschen wollten nicht mit uns zusammenarbeiten. Schließlich konnten wir Zeugen nach Belgrad bringen und diese waren sehr zufrieden. Ein besonderes Problem hatten wir im Kosovo, wo das Misstrauen besonders hoch war. Doch auch dort waren wir erfolgreich und erhielten bedeutende Aussagen. Damit gelang uns ein strategischer Durchbruch und von Tag zu Tag wird es für uns besser.“

Daher kann Anfang Oktober in Belgrad auch die Hauptverhandlung im Fall Suva Reka beginnen. In dieser Gemeinde im Kosovo sollen im März 1999 48 Albaner von acht serbischen Polizisten ermordet worden sein. Die Leichen wurden bei Belgrad vergraben und erst nach dem Sturz von Slobodan Milosevic exhumiert. Die Bedeutung derartiger Prozesse beschreibt Vukcevic so:

„Unser Ziel ist alle jene der Gerechtigkeit zu zuführen, die Verbrechen im serbischen Namen begangen haben. Unser Motto ist, dass diese so genannten Serben damit vor allem Verbrechen am eigenen Volk begangen haben. Mit der namentlichen Feststellung der Schuldigen und dadurch, dass wir sie vor Gericht stellen, beseitigen wir die kollektive Verantwortung für die Serben als Volk.“

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