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Vor Ende der Mladic-Frist

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Berichte Serbien
Für Serbien endet heute die Frist für die Auslieferung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladic an das Haager Tribunal. Sollte Mladic nicht ausgeliefert werden, wird Brüssel am 3. Mai offiziell die Verhandlungen über eine EU-Annäherung des Staatenbundes Serbien und Montenegro aussetzen. Die nächste Runde dieser Gespräche ist für Mitte Mai geplant. Mladic ist neben dem ehemaligen Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadjic, der meistgesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher im ehemaligen Jugoslawien. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz:

Der ehemalige General der bosnischen Serben, Ratko Mladic, wird beschuldigt für das Massaker an 7.800 Bosnjaken in Srebrenica im Juli 1995 verantwortlich zu sein. Mladic lebte anschließend geschützt von der serbischen Armee in Belgrad und tauchte im Juli 2002 unter. Eine erste Frist der EU für Mladics Auslieferung endete im März. Doch Ministerpräsident Vojilsav Kostunica versprach damals Karla Del Ponte, der Chefanklägerin des Haager Tribunals, Mladic bis Ende April auszuliefern. Daher gewährte die EU noch eine Galgenfrist. Wird Mladic nun nicht ausgeliefert, wird die EU-Kommission mit dem Tribunal Rücksprache halten und dann die Verhandlungen aussetzen. Dieses Treffen findet am 3. Mai statt, daher hat Serbien de facto noch zwei Tage, um seine Pflicht zu erfüllen. Ein günstigerer Zeitpunkt dafür ist kaum denkbar. Angesichts der Feiertage ist die Lage sehr ruhig; massive Reaktionen sind nicht zu erwarten, selbst wenn sich Mladic bei einer versuchten Festnahme selbst richten sollte. Außerdem ist Mladic nicht sehr populär, die Alltagssorgen überwiegen und viele Serben sind des Themas überdrüssig. Auch für den Fall, dass Mladic nicht gefasst wird, muss Ministerpräsident Vojislav Kostunica nicht mit gravierenden politischen Folgen rechnen. Die pro-europäischen Parteien seiner Koalition liegen nach allen Umfragen unter der Fünf-Prozent-Marke für den Einzug ins Parlament und können sich Neuwahlen kaum leisten. Außerdem ist die EU für den Normabürger zeitlich sehr weit weg, und die Gespräche dürften sich ohnehin verzögern; denn in Montenegro, dem kleineren Partner des Staatenbundes mit Serbien, findet Ende Mai das Referendum über die Loslösung von Serbien statt. Gewinnen die Unabhängigkeitsbefürworter, müssen die EU-Gespräche neu ausgerichtet werden. Für die Anhänger der Unabhängigkeit wäre die Nicht-Auslieferung von Mladic ein willkommenes weiteres Argument; denn sie könnten Serbien dafür verantwortlich machen, dass der Zug Richtung EU vorläufig zum Stillstand gekommen ist.

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